Testbericht nach einem Jahr Geco Zero

Mittfield_Outdoors
7 Min. Lesezeit
Bericht des Monats Oktober 2022
Bericht des Monats Oktober 2022

Bericht des Monats Oktober 2022

Dieser Bericht wurde vom Geartester-Team für besonders wertvoll befunden und deshalb ausgezeichnet.

Das Thema Munition spaltet immer wieder die Gemüter und erweckt die heißesten Diskurse. Schaut man nach Tests, findet man einerseits Einzeiler mit subjektiven Deutungen aus ein paar Erlegungen, andererseits findet man innerhalb der Foren viel Theorie um Geschossaufbauten, vermutete Wirkung, jedoch wenig Praxis. Hin und wieder gibts auch mal einen publizierten Test, der die Grundzüge der verwendeten Patrone darzustellen versucht, jedoch auch nur eine unzulängliche Datengrundlage besitzt.

Deshalb habe ich mir die erhebliche Arbeit gemacht und über ein gutes Jahr hinweg eine große Anzahl an Abschussdaten gesammelt, die das Thema Wirkung, insbesondere auf Fluchtstrecken bezogen, rein faktenbasiert darstellt. Die Daten wurden daraufhin ausführlich ausgewertet und in Grafiken dargestellt.

Vorwort

Beleuchtet wird der bleifreie Geco Zero Teilzerleger sowohl in .30-06, als auch in .308. Fabrik geladen, out of the box.

Grundlage sind 24 Erlegungen Schwarzwild, 93 Erlegungen Rehwild und in Ermangelung an Möglichkeiten, der Vollständigkeit halber jedoch mit inbegriffen, nur 3 Erlegungen Rotwild. Raubwild wurde nicht bewertet.

Erlegte Wildart in Anzahl getrennt nach Kaliber


Grundlagen

Bei der Auswertung wurde nicht unterschieden, bei welcher Jagdart das jew. Stück zur Strecke kam. Primär wurden die Stücke beim Ansitz erlegt, sekundär bei der Drück- oder Stöberjagd. Auch die Schussentfernung spielt keine Rolle. Im Normalfall wurden die Stücke aus Entfernungen zwischen 20 und 80m erlegt, ca. 10% der Schüsse zwischen 80 und 150m.

Erkennbar sind auch immer wieder einzelne Ausreiser in der Fluchtstrecke, die zwar die Statistik merklich verändern, die jedoch einzeln erkannt (wie dargestellt) das objektive Ergebnis relativiert zeigen.

Alle Daten sind immer zwischen .308 und .30-06 gesplittet. Es werden Ergebnisse also nicht gemischt dargestellt, auch wenn das Projektil bei beiden Kalibern identisch ist: 8,8gr / 136grs.

Es wird bei den einzelnen Grafiken nicht unterschieden, ob es sich um junge oder alte Stücke handelt.

Insbesondere wird in diesem Testergebnis der Treffersitz ausschlaggebend für die Fluchtstrecke dargestellt. Unterschieden werden hier folgende Trefferbereiche:

1. Blatt: Treffersitz min. einseitig auf der Blattschaufel

2. Kammer: Treffersitz min. einseitig im Bereich knapp hinter Blattschaufel auf der Lunge

3. weich: Bereich hinter dem Zwerchfell primär auf Verdauungsorganen

4. Lauf/Keule: reine Muskel-/Knochentreffer

5. Träger/Haupt


Beispiel Schwarzwild

Schwarzwild


Beispiel Rehwild

Beim Rehwild ist eine Tendenz zu längeren Fluchtstrecken bei Blatttreffern erkennbar. Hier handelt es sich oft um Herztreffer, wo die Stücke tendenziell weiter gingen.

Rehwild


Beispiel Rotwild

Rotwild


Erkenntnis

Wie immer gilt, dass der Treffersitz ausschlaggebend für die Wirkung ist. Weiter ist erkennbar, dass die Geco Zero hervorragende Wirkung am Wild zeigt und herkömmlicher Bleimunition hier mindestens ebenbürtig ist.


Wildbretentwertung

In der Tendenz wirkte die Geco Zero innerhalb des Testzeitraums in Bezug auf die Wildbretentwertung bei den obigen drei Wildarten weitgehend identisch:

Einschuss: kalibergroß

Ausschuss: schwach faustgroß, bei starken Sauen/Rotwild etwas mehr als kalibergroß

Ausschuss


Hämathome: Es gab selten Einblutungen in das feste Muskelgewebe. Allerdings immer Schweißsülze, die es beispielsweise hinter die Blätter zog. Mit etwas Aufwand konnte diese weitegehend komplett abgestreift/weggespritzt werden. Echten Wildbretverlust gab es je nach Treffersitz kaum mehr und nicht weniger, als bei anderer Munition. Immer jedoch unter 500gr. (primär Rippen, sekundär Wildbret) bei Kammertreffern. Bei Ausschüssen auf dem Blatt musste dies bei Rehwild und schwachem Schwarzwild entsorgt werden.

Eingezogener schweiß hinter den Blättern

Splitterwirkung: Die Geco Zero ist ein Teilzerleger, was bedeutet, dass aufgepilzte Fahnen im Wildkörper abbrechen und singulär Schaden anrichten. Die Splitter verursachen keine Hämathome, allerdings muss man beim Zerwirken darauf achten, dass keiner im Wildbret vergessen wird. In ca. 20% der Fälle verirrten sich Splitter in Richtung Pansen. Hier muss mit schnellem Aufbrechen, Spülen und entsprechendem Sauberschneiden die geforderte Wildbrethygiene erreicht werden. Splitter verlassen den Wildkörper nicht, jedenfalls konnte das nicht beobachtet werden. Die Anzahl der Splitter entspricht den Fahnen des Geschosses nach Aufpilzen. Es gibt also nicht wie bei Bleiprojektilen feinen Geschosstaub um die Einschusskaverne herum.

Letztendlich erkannte der Wildhändler, wann von der Geco Zero auf einen Deformator umgestellt wurde.


Pirschzeichen: immer vorhanden

Anschuss und Fluchtfährte im Schnee


Fazit

Die Geco Zero ist eine Patrone, die man bedenkenlos verwenden kann, wenn man die Wildbrethygiene ernst nimmt und entsprechend mehr Zeit beim Aufbrechen in Kauf nimmt. Aus den verwendeten Läufen (Beide Sauer 404) war die Zero mit Streukreisen um die 15mm recht präzise.

Der Test zeigt nicht nur, wie (selbstverständlich) effektiv bleifreie Munition ist, sondern kann auch wertvolle Erkenntnisse für Jäger und Hundeführer darüber hinaus liefern, was Treffersitze und Fluchtstrecken anbelangt.


JM, Oktober 2022

Find' ich gut!

Kommentare

Fred Nambur
Enthusiast
vor etwa 2 Jahren

Hi JM,
Deine Auswertung und der Bericht gefallen mir super! Da steckt sicher viel Arbeit, Mühe und Disziplin drin, die Daten sauber zu erheben.
Dein Fazit deckt sich mit meiner Erfahrung, das Geco Zero ist ein gut funktionierendes Allround-Geschoss.
Was ich mich bei solchen Auswertungen immer frage, ist ob „Länge der Fluchtstrecke“ der richtige Endpunkt ist. Wie aussagekräftig ist dieser wirklich? Es spielen ja so viele Faktoren da hinein, zum Beispiel ob das Stück ruhig oder beunruhigt ist.
Für mich ist letztlich entscheidend, ob das Geschoss immer sicheren Ausschuss produziert. Du gehst da nur kurz drauf ein, kannst Du da noch etwas zu sagen? Gab es IMMER Ausschuss, auch bei schweren Stücken, weiteren Schüssen?
Danke und WMH,
TN

tz99
Neuling
vor etwa 2 Jahren

Gute Arbeit, Respekt auch für die Angabe von unsauberen Schüssen!

Mittfield_Outdoors
Greenhorn
vor etwa 2 Jahren

Hallo ihr beiden und danke für euer Feedback! @Fred Nambur: Ich gebe dir vollkommen recht, es gibt so viele Parameter, die in so eine Betrachtung theoretisch einfließen könnten, dass man sicher ein Buch zusammen bekommen könnte. Theretisch hätte ich sogar Teile der Datengrundlage dafür gesammelt, allerdings ist der Aufwand der Aufarbeitung und Auswertung hierfür einfach zu groß. Ich habe mich daher auf die für mich und sicherlich den größten Teil der Anwender wichtigsten zwei Dinge beschränkt: Entwertung und Augenblickswirkung = Fluchtstrecke. Zu deiner Frage: Ja, bei MIR gab es tatsächlich immer Ausschuss. Ein Ausnahmeschuss auf 220m auf Rehwild als weiteste Distanz, ansonsten Sauen und Rotwild bis 100kg. Auf weitere Distanzen wollte ich nicht und auf schwereres Wild konnte ich nicht testen.
Ich könnte mir vorstellen, demnächst einen ähnlichen Test mit einem Deformator durchzuführen und könnte dort auch noch weitere Parameter mit hineinnehmen. Allerdings hab ich hierfür noch keine Munition, die mich interessiert, oder die sich für mich interessiert. :)

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