Steyr Mannlicher Schönauer Stutzen 7x57

xandertaler
13 Min. Lesezeit

Gute Waffen müssen nicht teuer sein. Das stellt man oft fest, wenn man diverse Modell aus dem Gebrauchtmarkt mit den Neupreisen der großen Marken vergleicht. Waffen haben glücklicherweise die Eigenschaft, gute Pflege vorausgesetzt, mindestens zwei bis drei Generationen überdauern zu können. Vor allem Modelle aus dem vergangenen Jahrhundert sind mit viel handwerklichen Geschick und hochwertig gebaut worden. Massenware aus der CNC Fräse, die ohne große Nacharbeit zusammengeschraubt wurde, gab es in dieser Zeit noch nicht. Fast alle Waffen bestanden aus zwei Werkstoffen - Holz und Stahl. Verglichen mit den durchschnittlichen Löhnen aus dieser Zeit waren die Waffen damals auch extrem teuer und nicht jeder konnte sich eine neue Sauer 80 und Blaser Bockbüchsflinte mit entsprechendem Glas aus dem Frankonia Katalog leisten. 

Heute hat man in der breiten Masse der Jäger den wahren Wert von handgemachten Jagdwaffen schon fast vergessen. Zu groß ist die Verlockung bei den jüngst vorgestellten High-End Büchsen, die meist garniert werden mit Begriffen wie Evolution, Ultimate, Success, Professional, Select, usw. Versprochen werden große technische Innovationen und immer größer werdende, theoretische Schussreichweiten. Mal abgesehen davon, dass in Deutschland die durchschnittliche Schussdistanz nicht weiter geht als von der Kanzel zur nächsten Kirrung, erweckt es förmlich den Eindruck, als wolle man Jagdwaffen mehr und mehr über das erfolgreiche Marketing, anstatt über technische Raffinessen und Innovationen verkaufen. Ein großer und hochpreisiger Waffenhersteller aus Deutschland hat jüngst eine "Weiterentwicklung" seiner etablierten Büchse (mit Gardena-Verschluss) vorstellt. Die "Weiterentwicklung" bestand im Wesentlichen doch tatsächlich aus der Einführung eines Magazins. Was für ein ULTIMATIVER Fortschritt. Unsere aufgeräumten Kulturlandschaften werden nun mit Ultimate und Outback Varianten moderner Jagdgewehre bejagt. So bleibt die Natur wenigstens im Spiegel unserer Ausrüstung ungezähmt.

Eine echte Alternative ist daher der Blick auf die Modelle des vergangenen Jahrhunderts. Mein Bericht soll euer Interesse an alten, aber hervorragend verarbeiteten Waffen wecken. Ich möchte aber auch dazu sagen, dass so ein Exkurs nicht für jeden geeignet ist. Es gehört schon ein wenig technischen Verständnis und Begeisterungsfähigkeit für Waffentechnik dazu, um eine echte Passion für die Oldtimer des Waffenbaus zu entwickeln. Wer mit einer einfachen, unkomplizierten und modernen Waffen jagen will und sich damit wohl fühlt, der soll das auch bitte tun. Nichts ist fataler als eine Waffe, der wir nicht vertrauen und mit der wir uns auf der Jagd überfordert fühlen. Für alle anderen: Traut euch, man muss das edle Waidwerk nicht immer im See der unbegrenzten technischen Möglichkeiten ertränken. Wir tuen gut daran, das eigene Können wieder in den Vordergrund zu stellen.

Und nun beginnt meine kleine Reise in die Zeit um 1900. Nicht alles war damals besser, aber vieles war anders. Die Natur und die Welt waren noch schier unerschöpflich und der Mensch war ihr Bezwinger. Genau aus dieser Zeit erzählt uns der Mannlicher Schönauer Stutzen seine bewegte Geschichte.


Die Marke / Das Modell

Gefertigt wurden die Mannlicher Schönauer Modelle in der Waffenfabrik Steyr. Nachdem zuerst das militärische Modell entwickelt wurde, folgt 1903 die jagdlichen Varianten mit einem Halbschaft und einem Stutzenschaft, wobei die Lauflänge des Stutzens nur 45cm betrug. In der Erfolgsgeschichte sind System, führige Stutzenausführung und Patrone ursächlich miteinander verknüpft. Die ersten Modelle wurden im weltberühmten 6,5x54 Mannlicher-Schönauer Kaliber ausgeliefert, später folgten dann weitere Kaliber. Keine Kombination wurde aber so berühmt wie der Mannlicher Stutzen im Kaliber 6,5x54 MS. Vom Rehwild im heimischen Revier, über starke Karpatenhirsche, bis zu Elefanten in Afrika, wurde nahezu alles Wild mit der kleinen Patrone gestreckt. Per Gesetz ist diese in Deutschland aber nur noch auf Rehwild zugelassen. 

Der Name Mannlicher-Schönauer bezog sich auf die beiden Waffenkonstrukteure Ferdinand Ritter von Mannlicher, der das System der Waffe erfunden hat, sowie Otto Karl Schönauer, der dieses unfassbar gute Trommelmagazin konstruiert hat. Es handelt sich um ein innenliegendes Trommelmagazin, bei dem die Patronen, wie bei allen innenliegenden Magazinen üblich, von oben eingeführt werden. Beim Mannlicher Schönauer rotiert das Magazin allerdings um die eigene Achse und man kann somit 5 + 1 Patronen laden, die dann kreisförmig um den Drehpunkt des Magazins lagern. Seitlich ist am System ein Knopf angebracht mit dem man bei Betätigung die im Magazin befindlichen Patronen einfach auswerfen kann. Dieser Vorgang geht bei meiner Büchse mit einer derart faszinierenden Präzision, dass es mich jedes Mal schwärmen lässt. Allein die Tatsache, dass der Magazinschacht mit der Verschlusshülse aus einem Teil gefertigt ist, würden die Hersteller heute bei der Fertigung in Verlegenheit bringen und den Preis einer solchen Waffe in ziemlich hohe Sphären treiben.

Legendär soll auch der Schlossgang sein. So mancher Mannlicher Schönauer Fan vergleicht ihn gar mit dem einer Sauer 80/90 oder einem Steyr Luxus aus späterer Fertigung. Ich behaupte der Schlossgang einer Mannlicher Schönauer ist mit den genannten Alternativen kaum zu vergleichen. Er ist viel mechanischer, ähnlich dem einer 98er, aber - und das ist der große Unterschied - wesentlich präziser, filigraner und weicher. 

Bei meinem Stutzen handelt es sich um die GK Version, was so viel heißt wie "gekröpfter Kammerstängel". Dieser ist etwas nach hinten abgewinkelt, was der Ergonomie dienlich sein soll. 

Die Schussleistung meiner Büchse ist mit verschiedenen Munitionssorten über jeden Zweifel erhaben. Das sollte man allerdings bei jeden Gebrauchtwaffenkauf immer vorher selbst testen, um böse Überraschungen hinterher zu vermeiden. Bei den Mannlicher – Schönauer Gewehren liegt der Lauf am Schaft an, dies sowohl beim Stutzen als auch bei der Halbschaftversion. Dennoch haben diese Waffen auch ohne Systembettung eine exzellente Schussleistung, was zu modernen Ansichten eigentlich ein Widerspruch zu sein scheint. Dies liegt zum einen an der Qualität der Läufe zum anderen und an der ausgezeichneten Schäftungsarbeit. Die Schäfte waren immer sehr leicht und schlank gehalten. Führigkeit war die oberste Prämisse.


Das Kaliber

Die Auswahl des Kalibers gestaltete sich anfangs schwierig. Ich wollte mit dieser leichten und führigen Waffe kein all zu starkes Kaliber haben. Da ich mit guten Mediumkalibern ausreichend ausgestattet bin, durfte es hier schon etwas kleiner ausfallen, es sollte aber immer noch hochwildtauglich sein und so fiel das wunderbare Kaliber 6,5x54 MS der deutschen Gesetzgebung zum Opfer. Entschieden habe ich mich dann für das nicht zu verachtende Kaliber 7x57 Mauser. Für meine heimische Jagd, vorzugsweise auf Rehwild, eine ganz hervorragende Wahl mit genügend Leistungsreserven für Schwarzwild oder Damwild. 


Die Geschossauswahl

Zum aktuellen Zeitpunkt kann ich leider nur die Performance auf dem Schießstand bewerten. Mangels Gelegenheit konnte ich die Büchse mit der eingeschossenen Munition noch nicht oft zum Ansitz oder auf der Pirsch führen. Hier werden ich, sobald ich ausreichend Erfahrungen mit der Waffe gemacht habe, noch meine Eindrücke ergänzen. 

Auf dem Schießstand haben jedenfalls zwei unterschiedliche Laborierungen eine gute Figur gemacht. Am besten schießt die Büchse mit dem günstigen 9g Teilmantelgeschoss von S&B. Die Schussleistung mit dem 11,5g Brenneke TIG Geschoss ist ebenfalls sehr gut, man muss beim Munitionswechsel nur die Höhe leicht korrigieren, wobei der Höhenunterschied auf 100m nur 2-3cm beträgt. 


Das Zielfernrohr

Als bekennender Swarovski-Fan bin ich bei der Wahl des Glases, oft natürlich auch zu unrecht, etwas despektierlich gegenüber anderen Optikproduzenten. Vor allem bei älteren Gläsern, die fast den Eindruck erwecken als stammen sie aus einer längst untergegangenen Zivilisation, hatte ich bisher immer Bedenken was die Qualität der Verstellung und Optik angeht. Es ist nicht so, als würde ich mit so einer betagten Kombination Benchrest-Wettkämpfe gewinnen wollen, wenn ich aber eine Büchse mit zur Jagd nehme, möchte ich mich zu 100% auf deren Präzision verlassen können. Damit meine ich jagdliche Präzision im Rahmen von 1-6cm Streukreis auf 100m Distanz. Wir Jäger sollten uns immer bewusst sein, dass wir mit unserem Handwerkszeug auf Lebewesen schießen und diese ohne unnötiges Leid erlegen wollen/müssen. 

Nun ist bei einer Mannlicher Schönauer ein bereits mit viel Aufwand montiertes Glas nicht ohne Weiteres durch ein anderes zu ersetzen. Es erfordert einiges an Aufwand und Erfahrung des Büchsenmachers, um ein vernünftiges Resultat zu erzeugen. Somit wurde ich erneut, mit dem montierten Zeiss Diatal 6x42, vor vollendeter Tatsachen gestellt. Rudimentärer kann ein Zielfernrohr in der heutigen Zeit kaum sein, denn es besitzt nicht einmal eine seitliche Absehenverstellung. Sollte eine Korrektur der Treffpunktlage zur Seite erforderlich sein, so wird diese über die 3-Fuß Montage vorgenommen. Abenteuerlich... Vor dem Kauf der Waffe erhielt ich jedoch die Chance auf ein ausgiebiges Probeschießen und konnte mich so von der Funktion und Treffpunktlage der optischen Einrichtung überzeugen. Hätte es hier Anlass zur Beanstandung gegeben, hätte ich die Büchse beim Büchsenmacher stehen lassen. Zu groß war die Angst vor den immensen Folgekosten durch einen Austausch der Optik oder Montage.


Die Zusammenfassung

Einen alten Mannlicher Schönauer Stutzen in den Händen zu halten ist wie eine Zeitreise. Funktion und Präzision sind dabei trotzdem auf dem Niveau moderner Jagdwaffen und doch bewegen wir uns wieder abseits der Vernunft und Rationalität. Ein Terroir, das ich in Bezug auf Jagdwaffen, nur zu gerne betrete und am liebsten nie wieder verlassen möchte. Gut, die Optik ist mit Sicherheit aus der Zeit gefallen und es gibt mittlerweile wesentlich bessere Qualität am Markt. Trotzdem erfüllt das alte Zeiss Glas seinen Soll und wer bis zur Dämmerung waidwerken möchte, dem steht das Zeiss Diatal nicht im Weg. Im Gegenteil, die beschriebene Einheit aus Waffe und Optik strahlt eine gewisse Erhabenheit aus. Es ist auf der einen Seite pures Understatement, auf der anderen Seite unterstreicht es die Stilsicherheit des Jägers. Wer mit so einer Büchse gerne und erfolgreich jagt, macht seinen Jagderfolg nicht mehr von Material und Technik abhängig, sondern sieht die Jagd, wie sie wirklich ist.


Hinweis

Die im Bericht genannten Erfahrungen sind meine eigenen. Ich werde weder von den genannten Firmen gesponsert noch habe ich die Waffe oder die erwähnte Ausrüstung für einen Test zur Verfügung gestellt bekommen. Trotzdem deklariere ich den Bericht als Werbung.

Find' ich gut!

Kommentare

Jürgen
Neuling
vor fast 2 Jahren

Toller Bericht - du sprichst mir aus dem Herzen, was die Waffenentwicklung und Vermarktung heutzutage angeht. Ich führe selbst auch einen MS- Stutzen in 7x57. Eine sehr tolle Waffe, die es heutzutage so nicht mehr neu gebaut zu kaufen gibt (oder nur für sehr viel Geld).

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