Inhalt
Diejenigen unter uns, die nicht den Luxus genießen ihr Revier/Jagdmöglichkeit in direkter Nachbarschaft zu haben, sondern mit dem Auto eine gewisse Entfernung zurücklegen müssen, kennen das Problem: oft fehlt einem Schlichtweg die Zeit täglich oder gar auch nur einmal die Woche den Weg ins Revier zu fahren, zu kirren, die Wildkameras zu kontrollieren, oder abzufährten. Und irgendwann möchte man ja schließlich auch noch jagen gehen.
Da unser Revier ca. 25 Autominuten entfernt liegt, kam es durchaus oft vor, dass man auf den Sauenansitz gefahren ist, der regelmäßige Erfolg allerdings ausblieb, da vor allem das Schwarzwild zu völlig anderen Zeiten als erwartet da war. So ist die Idee aufgekommen, GPRS-Wildkameras auszuprobieren, die ihre Bilder direkt via Email senden. So hat man jederzeit eine grobe Übersicht, was an den Hauptkirrungen los ist, ohne jeden Tag im Revier sein zu müssen.
Durch berufliche Kenntnisse als Informatiker und eine Affinität zu jeglichen technischen Geräten, war sicherlich auch das technische Interesse ein Grund für den Kauf einer solchen Wildkamera.
Die Auswahl der Wildkamera
Wir haben uns damals aufgrund eines guten Angebotes für die Seissiger Special-Cam-3 GPRS/2G entschieden, die es bei Seissiger für 299€ zu erwerben gibt.
Ich möchte hier nicht ên Detail auf die Konfiguration der Wildkamera eingehen. Es gibt dazu nur soviel zu sagen: auf der mitgelieferten SD-Karte ist ein Windows-Programm enthalten, mit welchem man die Kamera konfigurieren kann. Hier können Email-Adressen, Provider-Einstellungen, Kameraname, Auslöseintervalle, SMTP-Server zum Versenden der Mails etc. eingestellt werden. Diese Konfiguration kann man anschließend auf der SD-Karte speichern und diese Konfigurationsdatei kann dann von der Wildkamera geladen werden.
Erfahrungen mit der Seissiger Special-Cam 3 Wildkamera
Die ersten Erfahrungen mit der Seissiger Special-Cam 3 waren durchaus gemischt.
In den ersten Versuchen benutzten wir Batterien vom Discounter. Die Batterien der Wildkamera hielten oft nicht länger als 2-3 Wochen. Da in die Seissiger Special Wildkamera 12 x AA Batterien passen, ist dies natürlich eine nervige und vor allem kostenbehaftete Angelegenheit. Nach dem Wechsel zu einigen anderen Batterie-Herstellern hat sich die VARTA Industrial als effektivste Batterie erwiesen. Damit erhalten wir eine Batterielaufzeit von ca. 6 Wochen (Bildauslösung alle 7 Minuten, Mittlerer Empfang, Hohe Bildqualität, ca. 15-30 Bilder pro Tag).
Wenn die Batterien zu schwach sind, passiert es oft, dass Bilder nicht gesendet werden, da die Seissiger Wildkamera sich bei der Übertragung eines Bildes aufgrund des schwachen Batterien ausschaltet. Was hier allerdings positiv zu vermerken ist: die Seissiger Special-Cam 3 macht bei sehr schwachem Akku trotzdem fleißig weiter Bilder, die man sich dann später auf der SD-Karte anschauen kann.
Die Empfangsqualität der Wildkamera ist überraschend gut. Selbst an stellen im Revier, in denen herkömmliche Smartphones keinen Empfang haben, hat die Seissiger eine Netzverbindung.
Nach unseren Erfahrungen ist die Empfangsstärke aber ein wichtiger Faktor in Bezug auf die Akkulaufzeit der Kamera. Bei mittlerer Empfangsqualität (3 von 5 Strichen) dauert die Übertragung eines Bildes zwischen 4 und 6 Minuten. Das bedeutet, dass die Wildkamera nach jedem Bild 4-6 Minuten im Übertragungsmodus ist. Stellt man die Auslösezeit auf 7 Minuten und ist beispielsweise eine Rotte an der Kirrung kann es durchaus sein, dass die Kamera sich in einer Dauerschleife befindet und ein Bild nach dem anderen senden muss. Hier wäre eine 3G-Wildkamera aufgrund der höheren Übertragungsgeschwindigkeit einer GPRS(2G)-Wildkamera sicherlich überlegen.
Eine weitere, wichtige Erfahrung, die uns einige Nerven gekostet hat, ist die Verwendung eines SMTP-Servers via Port 25. Zu Beginn nutzten wir für die Kamera einen eigens angelegten GMX-Account, von dem aus die Kamera die Bilder sendet. GMX nutzt allerdings für seinen Postausgangsserver den SMTP-Port 587. Hierbei kam es zu uns unerklärlichen Übertragungsfehlern. Nach einem kurzen Kontakt mit dem Seissiger-Support (den ich an dieser Stelle wirklich loben muss!) wurde uns mitgeteilt, dass wir lieber einen SMTP-Server mit Port 25 nutzen sollen, da hier gerade das versenden mit mehreren Kameras deutlich zuverlässiger vonstatten geht. Seitdem nutzen wir ohne Probleme einen 1&1-Mail-Server mit Port 25.
Ein weiterer erwähnenswerter Punkt ist die Batterieanzeige der Seissiger Special 3. Diese ist in sechs Stufen aufgeteilt, wobei P0 die niedrigste und P5 die höchste Stufe ist. Nach einiger Zeit fiel uns auf, dass man sich auf die Batterieanzeige nicht unbedingt verlassen sollte. Durch Kälte und den IR-Blitz bei Nacht zeigt die Wildkamera manchmal tagsüber P5 an, und nachts dann bei einigen Bilder P1 oder sogar P0. Was aber nicht unbedingt bedeuten muss, dass man sofort hinfahren muss um die Batterien zu tauschen. Oft hielt die Seissiger Wildlamera dann trotzdem noch einige Zeit.
Nach ca. einem halben Jahr mit unterschiedlichen Fehlern und einigen „Aha!“-Momenten laufen unsere GPRS-Wildkameras inzwischen so stabil, dass wir eigentlich nur alle 4-6 Wochen (stark abhängig von der Anzahl der Bilder) mal die Batterien tauschen müssen.
Es gibt zwei Möglichkeiten der Qualitätseinstellung für die Kamera (niedrige/hohe Qualität). Wir lassen uns die Bilder in hoher Qualität zukommen. Hierzu muss man sagen: die Qualität der Bilder und die Ausleuchtung des IR-Blitzes ist wirklich einwandfrei! Tagsüber klare, gestochen scharfe Bilder, Nachts eine Ausleuchtung die weit über 8 Meter hinauskommt.
Der Netzbetreiber für die Wildkamera
Als Netzbetreiber haben wir uns für Netzclub entschieden. Netzclub bietet sogenannte Sponsored-Surf-Tarife an. Man bekommt hier eine kostenlose 100MB-Datenflat angeboten, muss sich aber im Gegenzug dazu bereit erklären, tägliche Werbe-SMS auf die Sim-Karte geschickt zu bekommen.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass wir mit 100MB im Monat recht gut hinkommen. Ein Bild hat ca. 300Kilobytes. Man kann also im Monat ca. 330 Bilder verschicken, bis die 100MB verbraucht sind. Bei einer Auslöseverzögerung von 7 Minuten erhalten wir so täglich ca. 10-20 Bilder. Alle paar Monate lege ich die Karte in ein herkömmliches Handy und lösche die Werbe-SMS von Netzclub.
Es besteht auch die Möglichkeit, eine von Seissiger gelieferte SIM zu benutzen. Hierzu können wir leider keine Aussage treffen.
Die technische Realisierung
Bei einer Recherche bin ich im Internet zufällig auf die äußerst hilfreiche Seite des Revier-Portals gestoßen: http://www.revier-portal.org
Siehe Geartester-Berichte von Jens Klasen:
https://www.geartester.de/articles/2543
https://www.geartester.de/articles/2029
Die Idee vom revier-portal.org ist einfach wie genial: man erstellt sich einen privaten Blog den nur ausgewählte Gäste ansehen dürfen, bei diesem aktiviert man die Email-to-Blog-Post-Option, so dass die Wildkamera die Bilder an eine bestimmte Email-Adresse senden kann, und dieses Bild wird dann automatisch auf dem Blog veröffentlicht. Alle Mitglieder des privaten Blogs erhalten anschließend vom Blog automatisch eine Benachrichtigungs-Email über den neuen Blog-Post mitsamt des Bildes.
Sofort war die Idee geboren, eine ähnliche Lösung zu basteln. Denn über eine solche Reviererwaltung kann man außerdem Revierkarten, weitere GPRS-Wildkameras, Wildbretverwaltung und weitere Dienste realisieren.
Außerdem hat man so die Bilder automatisch auf einer Plattform gesichert und kann sich jederzeit die alten Bilder wieder anschauen. Dies ist durchaus hilfreich bei Situationen wie: „Ist das nicht der gleiche Bock, der auch im letzten Jahr im Mai dort seinen Einstand hatte?“ oder „Ist dies etwa das gleiche Damwildrudel, welches letzte Woche an der anderen Kirrung war?“. Ein kurzes nachschauen im Archiv und schon kann man die Bilder vergleichen.
Inzwischen haben wir an die Revierverwaltung zwei Kameras, eine Wildbretverwaltung, Mondkalender, eine Revierkarte und das Jagdzeiten-Widget angebunden.
Im Jahr 2016 haben unsere Wildkameras insgesamt 3812 Bilder an die Revierverwaltung geschickt. Im Jahr 2017 waren es 4284 Bilder. 2018 bisher ca. 1000 Bilder.
Die Auswirkungen
Die Seissiger Special-Cam 3 Wildkamera hat sich in einigen Fällen durchaus als hilfreich erwiesen. Gerade wenn die Sauen mehrere Tage hintereinander an den Kirrungen waren, konnten wir schon einige male während einer Mondphase ohne störende Revierfahrten gezielt Beute machen.
Ebenso hat sich vor der Fahrt auf den Sauenansitz ein Blick in die Revierverwaltung als hilfreich erwiesen um beispielsweise zu schauen, wann Sauen an den Tagen davor an der Kirrung waren oder mit was für Rottenkonstellationen man rechnen kann.
Des Weiteren hat eine solche Wildkamera natürlich auch den Effekt Ruhe ins Revier zu bringen. Und das Sparen von Revierfahrten bedeutet nebenbei auch: Sprit sparen und Umwelt schonen.
Abschließend bleibt nur zu erwähnen, dass GPRS-Wildkameras eine Revierfahrt natürlich nicht ersetzen können und dies ganz bestimmt auch nicht sollen. Denn was gibt es schöneres als bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen im Frühling die „übliche Runde“ im Revier zu machen?
Und Achtung: es ist mir schon zu oft passiert, dass während der Arbeit im Büro eine Email von einer der Wildkameras ankommt und ich mit den Gedanken schon wieder im Revier bin. So kann man sich auch den Alltag versüßen ;)
Um euch die Qualität der gesendeten Bilder zu zeigen, habe ich im Anhang einige der interessanter Bilder aus unserem Revier angehängt.
Wir sind insgesamt nach den oben erwähnten, anfänglichen Startschwierigkeiten mit der Seissiger Special-Cam-3 GPRS sehr zufrieden. Allerdings muss hierbei erwähnt werden, dass wir im Laufe der Zeit, wie oben genannt, viele Erfahrungen haben sammeln müssen, um die Seissiger Wildkameras stabil und zuverlässig zum laufen zu bekommen.
Anmerkung
Zum Abschluss noch folgende Anmerkung, die als kleiner (selbstkritischer) Denkanstoß dient:
Ich bin eigentlich kein Fan von zu viel Technik auf der Jagd, jedoch sind Wildkameras für viele von uns Jägern nicht mehr wegzudenken. Wir sollten uns aber trotzdem des öfteren mal die Frage stellen, wo dieser ganze Technik-Kram hinführen soll? Wie wird sich in Zukunft die Jagd anfühlen, wenn wir daran denken, dass auch die Technik (Zielfernrohre, Ferngläser, Nachtsichtgeräte, Wärmebildkameras, Wildkameras, Drohnen, Smartphones) sich stetig und rasant weiter entwickelt und die kommenden Jungjäger-Generationen sich eine Jagd ohne diese Dinge überhaupt nicht mehr vorstellen können?
In diesem Sinne
Waidmannsheil