Moin,
wie bereits in dem Bericht über den Kleinkaliber-Lochschaft angekündigt, möchte ich euch hier mein zweites Schaftbauprojekt vorstellen. Auch dieses liegt nun schon gut ein Jahr zurück.
Der selbstgebaute Schaft sollte eine Überraschung für meine Freundin werden, da diese für ihre Savage HogHunter unbedingt einen Lochschaft haben wollte. Nun impliziert das Wort Überraschung leider, dass ich keinerlei Maß nehmen konnte. Dies zog den Bauprozess etwas in die Länge. Letztendlich hat es aber gut funktioniert.
Die Anforderungen
Diesmal arbeitete ich nach folgenden Anforderungen:
- Maßanfertigung (ohne genaue Maße)
- Lochschaft
- fachgerechte Systembettung
- robust
- optisch halbwegs ansprechend
- clevere und leise Riemenbügelösen.
Material
Da ich nun etwas Mut gewonnen hatte, durch den ersten gelungenen Lochschaft, sollte nun ein robusteres und langlebigeres Material zum Einsatz kommen. Die Entscheidung fiel auf Multiplex Buche- das habe ich später oft bereut. Das Zeug ist verflucht hart!
Arbeitsschritte
Um entsprechenden Arbeitsspielraum zu erhalten, wollte ich einen Rohling mit 60mm Stärke. Die Platte in meinem Keller hatte aber nur 10mm. Also mussten wieder mehrere zusammengeleimt werden. Mit der Stichsäge wurden 6 Silhouetten ausgeschnitten und zusammengeleimt. Diesmal wurden die Bretter beim Leimen an den Ecken verschraubt, sodass sie sich nicht verschieben konnten. Dafür reichen dünne Holzschrauben. Damit später dadurch keine Löcher im Schaft blieben, wurden die Silhouetten direkt etwas größer belassen. Es wurde wieder Ponal Classic zum leimen verwendet. Auch hier ist es wichtig, möglichst viele Schraubzwingen zu verwenden, damit es zu einer flächigen Verklebung ohne Wellen kommt.
Der Durchbruch fürs Daumenloch wurde mit der Bohrmaschine geschaffen. Nachdem die Kanten angeglichen waren, wurden die Systemformen auf die Waffe übertragen und grob mit der Oberfräse herausgefräst. Hierbei wurde von innen nach außen gearbeitet, da so Fehler leichter wieder korrigiert werden konnten.
Die äußere Form wurde erst beigefräst und dann mit der Raspel verfeinert. Dabei musste gewaltig Holz weg, da das Werkstück nur an wenigen Stellen breiter als 45mm werden sollte.
Die Systemaussparungen wurden nach und nach tiefer geschliffen, bis die Waffe gut eingepasst war. Ab einer gewissen Tiefe wurde dies komplett per Hand durchgeführt, da die Oberfräse mit den langen Fräsern Freihand nicht gut zu beherrschen war. Die weichen Kanten wurden beim Schleifen herausgearbeitet. Größere Flächen konnten maschinell geschliffen werden, die kleinen Rundungen im Bereich des Daumenloches mussten aufwändig per Hand geschliffen werden. Hierbei erwies sich ein Metallrohr mit ca. 3,5cm Durchmesser als sehr hilfreich.
Aufgrund der guten Erfahrungen mit Karosseriespachtel, sollte auch diese Systembettung damit geschaffen werden. Damit ein spielfreier Sitz gewährleistet werden kann, aber dennoch kein Spachtel in die Waffe gelangt, wurde diese dünn mit Frischhaltefolie umwickelt. Mittels einer Klebebandumwicklung des Laufes wurde eingestellt wie frei er schwingen sollte.
Das einpassen des internen Magazin erwies sich als recht schwierig und musste mehrmals wiederholt werden. Der Abstand und Winkel des Magazinschachts zu den Magazinlippen muss sehr sorgfältig eingestellt werden um Zuführprobleme zu vermeiden.
Der Abzugsbügel wurde aus 14mm breitem Edelstahleisen gefertigt, bündig im Holz versenkt und beigespachtelt. Die Bohrungen für die Systemschrauben wurden versenkt und mittels eingeklebter Metallringe verstärkt. Dadurch ist ein langfristiger, fester Sitz der Systemschrauben gewährleistet.
Vor dem Anbringen der Schaftkappe wurde zur Gewichtsreduzierung ein tiefes Loch in den Hinterschaft gebohrt. Dieses wurde mit der Kappe wieder verschlossen. Als Schaftkappe wurde eine weiche, ventilierte Gummikappe verwendet, welche den Rückstoß möglichst dämpft. Nach dem verkleben wurden die Ränder sauber beigeschliffen. Zusätzlich zu dem verkleben mit UHU wurde die Kappe verschraubt.
Um ein komfortables und lautloses tragen am Riemen zu ermöglichen, entschied ich mich PUSH & GO-Riemenbügel von Halder zu verbauen. Die Buchsen lassen sich komplett bündig im Schaft versenken. Für einen Schießstandbesuch oder auf dem Drückjagdstand können die Riemenbügel mittels Knopfdrucks schnell gelöst werden. Um verschiedene Tragweisen zu ermöglichen wurde am Vorderschaft eine frei drehbare Buchse gewählt. Im Hinterschaft sind zwei Buchsen verbaut, klassisch an der Unterseite und eine seitlich. Dadurch wird eine sehr flexible und absolut lautlose Handhabung des Gewehrriemens ermöglicht.
Da nun alles fertig war wurde noch einmal abschließend geschliffen und dann mit Warnex-Strukturlack lackiert. Dieser Lack wird eigentlich für Lautsprecherboxen verwendet. Er ist sehr hart und bildet eine leicht raue Oberfläche. Das auftragen mit der Lackierpistole war sehr einfach. Nach jeweils zwei Tagen im Heizungskeller wurden insgesamt noch zwei Schichten aufgetragen. Schwarz ist sicherlich nicht jedermanns Wunschfarbe für einen Schaft, aber diese Farbe hatte ich noch in ausreichender Menge und wusste aus Erfahrung, dass sie zum Schutz eines Schaftes hervorragend geeignet ist.
Ich denke das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Praxiserfahrungen
Der Schaft hat sich in der Praxis bewährt. Der Lack ist inzwischen an ein paar Stellen etwas abgeplatzt, lässt sich aber einfach ausbessern. Multiplex Buche ist wirklich ein unglaublich stabiles Material, welches sich leider auch entsprechend schwer verarbeiten lässt. Meine anfänglichen Bedenken bezüglich der Haltbarkeit der Systembettung wegen des Rückstoßes des größeren Kaliber waren unbegründet.
Die Systembettung aus Karosseriespachtel ist nach wie vor absolut intakt und sorgt für einwandfreie Präzision. Die Empfängerin ist mit dem Schaft sehr zufrieden und führt die Waffe nun mit noch größerem Erfolg. Der Arbeitsaufwand lag bei ca. 100 Stunden, über die Kosten eines Geschenkes spricht man nicht.
S.G.G.-z.H.s!!!
naturnah