„Kleine Patrone – kräftiger Stich!?“
Ein Erfahrungsbericht von hunting_philipp 2021
Horrido Geartestergemeinde,
Ich melde mich mit einem neuen Erfahrungsbericht bei euch zurück. Es soll um das Kaliber .22 Hornet gehen.
Grundsätzliches zum Kaliber .22 Hornet
Die Patrone .22 Hornet (5,6x35mm) wurde gegen 1930 in den USA entwickelt. Sie ist in Deutschland für die Jagd auf alles Raubwild und Kleinwild sehr beliebt. Im Ausland wird die .22 Hornet auch zur Jagd auf stärkeres Wild verwendet, was unsere Jagdgesetzte allerdings grundsätzlich verbieten. Auch auf Rehwild darf mit dieser Patrone in Deutschland nicht gewaidwerkt werden. Die Patrone erreicht die gesetzlichen Anforderungen von min. 1000 Joule auf 100m für Rehwild nicht
Die Geschossenergie, der auf dem Markt verfügbaren Patronen, bewegt sich zwischen 413- 500 Joule auf 100 Meter. Somit füllt die .22 Hornet die Lücke zwischen den .22er Randfeuerpatronen (.22lfB & .22WMR) und stärkeren .22er Zentralfeuerpatronen (.222Rem & .223Rem).
Die Patrone findet ihren Haupteinsatz in Deutschland als „kleine Kugel“ vor allem im Einstecklauf von kombinierten Waffen. Es werden jedoch auch Einzellader und Repetierbüchsen in diesem Kaliber gefertigt. Die Patrone hat auch aus leichten Waffen kaum Rückstoß und lässt sich sehr angenehm sowie extrem präzise schießen.
Die Flugbahn ist gestreckt, wenn man die Waffe auf +4 cm auf 100 Meter eingeschossen hat. Dies ermöglicht eine waidgerechte Jagd zwischen 0 und 150 Metern, auch auf starkes Raubwild.
Ich gehe bei den nachfolgenden Angaben von mir und meinen Fähigkeiten als Schütze aus.
Grundsätzlich würde ich der .22 Hornet einen Einsatzbereich bis 150m zusprechen, da die Patrone auf 200m je nach Hersteller und Laborierung einen Kugelabfall von 20-30cm aufweist. Bei der S&B Teilmantel fiel die Patrone im Schnitt 25cm auf 200m und bei RWS Teilmantel-Spitz 20cm auf 200m. Wenn man aus seiner Waffe den Kugelfall getestet hat und kennt, kann man damit arbeiten. Es erfordert jedoch eine gewisse Übung auf dem Schießstand, bis man raus hat wie viel man in der Praxis „drüber halten“ muss, um einen waidgerechten Schuss auf 200m mit der .22 Hornet abzugeben. Hat man ein Mil-Dot Absehen in seinem Zielfernrohr, so kann man dies relativ leicht herausfinden. Man schießt auf 200m und schaut dann bei welchem „Dot“ die Kugel auf der Zielscheibe eingeschlagen ist. Mit diesem Punkt muss man dann auf 200m auf dem Fuchs sein, um zu treffen. Sofern man allerdings ein normales Zielfernrohr mit Absehen 4 oder ähnlichem hat, wird es fummelig und erfordert viel Übung. Daher, mit Hinblick auf eine verantwortungsvolle und waidgerechte Jagd empfehle ich eine Distanz zwischen 0-150m – denn das geht mit der .22 Hornet ohne viel Übung und vorheriges Experimentieren auf dem Schießstand.
Infos zur Geschosswahl
Ich habe mich bei der .22 Hornet bewusst für ein Teilmantelgeschoss entschieden. Ein Teilmantelgeschoss sorgt für eine gute und angepasste Energieabgabe im Wildkörper und erzeugt bei Kleinwild i.d.R. einen Ausschuss. Somit ist eine waidgerechte Wundwirkung im Wildkörper gewährleistet.
Aufgrund der Tatsache, dass die .22 Hornet nur für Kleinwild und Raubwild eingesetzt wird sind besonders harte oder verlötete Geschosse für die Jagd nicht nötig. Diese Geschosse haben das Ziel von gesteigerter Tiefenwirkung in schweren Wildkörpern – dies ist ohne Frage bei Hasen, Fuchs, Marder und Waschbär unnötig.
Meine Erfahrung zeigt, dass solche Geschosse dazu tendieren, in leichten Wildkörpern (Fuchs, Marder, Waschbär) mangelhaft anzusprechen, da schlichtweg der Zielwiederstand nicht gegeben ist. Dies kann unter Umständen zu längeren Fluchten mit wenig Pirschzeichen führen (Vollmanteleffekt).
Einzig beim Dachs würde ein härteres Geschoss mit Hinblick auf den Ausschuss Sinn machen. Normale Teilmantelgeschosse bleiben unter Schmalzmanns Schwarte durchaus hin und wieder stecken. Doch auch der Dachs kann mit dem normalen Teilmantelgeschoss aus der .22 Hornet waidgerecht erlegt werden – man muss eben hin und wieder einen Steckschuss akzeptieren. Die Tatsache, dass Schmalzmann jedoch keine alltägliche Beute darstellt und aufgrund der vorangegangenen Erläuterung, halte ich aktuell ein normales Teilmantelgeschoss in der .22 Hornet für die Beste alternative. Der Markt bietet hier einiges an Auswahl für den Jäger an (RWS, Winchester, Sellier & Bellot, Remington, Prvi Partizan, Federal, Nosler). Welches man von den, auf dem Markt befindlichen Teilmantelgeschossen auswählt, ist Geschmackssache. Dem Wiederlader stehen noch einige Möglichkeiten mehr zur Verfügung.
Jagd mit der .22 Hornet
Nun kommen wir zum wichtigsten Aspekt des Tests, der Praxis im Revier. Das Kaliber .22 Hornet kenne ich bereits aus meiner Anfangszeit der Jagd im Jahre 2015. Dort begleitete es mich sowohl in meiner Jagdausbildung als auch im Revier bei meinem ersten Lehrmeister. Für den speziellen Test habe ich Anfang 2021 angefangen Daten zu sammeln.
Mein erstes Stück Wild mit dieser Kombination war ein Jungfuchs gegen Mitte Juni Seitdem folgten 38 Stück Wild. Also insgesamt 39 Stück Wild.
Anbei findet ihr Tabellen und Grafiken, welche die von mir erlegten Wildarten, die Fluchtdistanz, und die Verwertbarkeit aufzeigt.
Die Tabellen dienen der Übersichtlichkeit und ersparen lange Texte. Dies habe ich ähnlich zu meinen anderen Kaliber- und Geschossberichten gehalten, da ich die Übersichtlichkeit dort als angenehm empfand. Erlegt wurden diverse Wildarten innerhalb der gesetzlichen Jagdzeiten. Die Bewertung der Verwertbarkeit ist in einer Staffelung von 0-3 vorgenommen worden und unterliegt meiner subjektiven Wahrnehmung.
Diese Anzahl an Wild (Und die Anzahl der einzelnen Wildarten für sich genommen) ist sicher nicht repräsentativ, lässt aber eine vorsichtige Einschätzung zur Wirkung der Geschosses-Kaliber-Kombination zu.
Als Waffe, wurde eine Voere BBF im Kaliber .22 Hornet und .410/76 mit Hawke 4-12x40 verwendet.
Fazit
Mein Fazit zur .22 Hornet – Sie sticht – und wird ihrem Namen mehr als gerecht. Es handelt sich um ein kleines jedoch sehr wirkungsvolles Kaliber welches für den passionierten Jäger im Niederwildrevier aus dem Einstecklauf, fest verbaut in der kombinierten Waffe, oder aus einer Repetierbüchse keine Wünsche offenlässt. Auf Distanzen bis 150m kann diese kleine Patrone ihre Wirkung bestens entfalten.
Selbst die Tatsache, dass die Patrone nahezu 100 Dienstjahre auf dem Buckel hat schmälert Ihren nutzen keineswegs. Im Gegenteil - für mich ist dies die Bestätigung, dass die .22 Hornet eine Nische im Bereich der Jagdpatronen perfekt ausfüllt und so ihr Dasein unter den Jägern bis heute rechtfertigt. Und auch wenn Sie mit den ballistischen Daten und der gesteigerten Energie modernerer .22er Patronen nicht mithalten kann, so ist Sie nach wie vor eine exzellente Niederwildpatrone. Die .22 Hornet besticht durch hohe Eigenpräzision, angenehmes Schussverhalten und einen, im Vergleich zur .222(3) Rem, deutlich geringeren Schussknall.
Besonders positiv ist mir die Wirkung auf die von mir erlegten Füchse in Erinnerung geblieben. Reinecke brach oft an Ort und Stelle wie vom Blitz getroffen zusammen und verendete. Die balgschonende Wirkung der .22 Hornet war dabei stets gegeben. Natürlich gab es auch trotz besten Treffern hin und wieder Fluchten. Die Fluchtdistanz überschritt jedoch, bei den im Testzeitraum erlegten Rotröcken, nur einmal die 15 Meter-Marke. Ein Ausschuss war bei den Füchsen stets vorhanden. Bei besonders schweren Dachsen gab es gelegentlich keinen Ausschuss, jedoch lagen die Dachse unweit des Anschusses.
Ein weiterer Pluspunkt war, dass durch den geringen Schussknall oft mehrfaches Waidmannsheil möglich war. Sowohl am Mais als auch an den Rapsstoppeln konnten so oftmals zwei bis drei Räuber geschossen, und nicht selten eine bunte Strecke gelegt werden.
Wie immer gibt es Anbei noch einige Bilder.
In diesem Sinne,
Waidmannsheil wünscht hunting_philipp