Vorbemerkungen
Die nachfolgenden Ausführungen spiegeln meine persönlichen Eindrücke und Erfahrungswerte wider. Darüber hinaus sind sämtliche Angaben zu Produkten weder gesponsert, noch Werbung. Geschäftliche Beziehungen bestehen in diesem Kontext nicht.
Warnhinweis
Der Einbau eines anderen Abzugs in eine Büchse bzw. dessen Überarbeitung oder Einstellung können Auswirkungen auf die Sicherheit der Waffe haben. Wer sich den Einbau und die Einstellung nicht selbst zutraut, sollte dies lieber im Zweifel durch einen Büchsenmacher durchführen lassen.
Hintergrund
Neue Büchsen von Savage haben das sog. AccuTrigger-System. Das heißt, es ist ein Abzug verbaut, der vom Schützen selbst einstellbar ist, kein Kriechen hat und gleichzeitig verhindert (durch ein zusätzliches Züngel am Abzug selbst), dass die Waffe bei Erschütterungen oder Fallenlassen ausgelöst werden kann. Je nach Savage-Modell sind im AccuTrigger unterschiedliche Federn verbaut, sodass sich das niedrigste, einstellbare Abzugsgewicht zwischen ca. 700 und 1.100 Gramm bewegen kann. In meiner Savage 110 Hog Hunter aus dem Jahr 2020 lag mein niedrigstes, einstellbares Abzugsgewicht bei ca. 1.000 Gramm (Mittelwert bei fünf Messungen mit einer digitalen Abzugswaage). Das ist grundsätzlich gut für einen Standard-Abzug, die Charakteristik des AccuTriggers hat mir persönlich aber dennoch nicht 100% gefallen.
Die für Tuning-Abzüge bekannte Firma Timney aus den USA bietet in dem Kontext für Savage-Büchsen mit AccuTrigger ihre Tuning-Abzüge an. Hier lässt sich das Abzugsgewicht noch einmal etwas reduzieren (auf ca. 700 Gramm) sowie lassen sich noch weitere Einstellungen vornehmen, wie das sog. „Sear Engangement“ (Auslöseverzögerung, die das Ausmaß des Kriechens vor dem Bruch des Schusses bestimmt) oder der sog. „Over-Travel“ (Weg, den der Abzug nach dem Bruch des Schusses nach hinten nachläuft). Die von Timney für Savage-Büchsen gebauten Tuning-Abzüge bauen auf dem mit AccuTrigger-System auf, was diese sodann – im Gegensatz zu anderen Timney-Abzügen – kostenmäßig erschwinglich macht. In meinem Fall habe ich auf einem einschlägigen Online-Auktionshaus für Waffen 80€ inkl. Porto für den Timney-Abzug (passend für Modelle der Savage-Reihe 10/110) bezahlt.
Lieferumfang
Der Timney-Abzug für Modelle der Savage-Reihe 10/110 mit AccuTrigger-System besteht aus dem Abzug selbst, einem Inbusschlüssel sowie einem kleinen Sprengring/Sicherungsring. Darüber hinaus liegt noch eine englischsprachige Anleitung bei, was wiederum der Grund für mich war, den Einbau und die Einstellung des Timney-Abzugs in deutscher Sprache auf Geartester.de zu veröffentlichen.
Einbau
Zunächst sind die Systemschrauben (i. d. R. zwei) aus dem Schaft zu entfernen. Bei Savage-Büchsen mit sog. „Bottom Bolt Release“ befindet sich die zweite Systemschraube direkt am Abzug unter dem Release. Ferner gilt: Bei Savage-Büchsen (egal ob es sich um den Standard-Schaft handelt oder um einen nachgerüsteten), hält die dritte Schraube am Abzugsbügel nur diesen fest. Sie muss nicht entfernt werden.
Nachdem der Schaft entfernt wurde, liegt das System frei. Grundsätzlich bietet es sich zudem an, den Verschluss samt Kammerstengel zu entnehmen. So ist mehr Freiraum für den Einbau und auch das Einstellen des Timey-Abzugs vorhanden.
Off-Topic:
Wer bis hierhin gelesen hat, sich keinen Timney-Abzug in seine Savage-Büchse einbauen, aber den eigenen AccuTrigger einstellen will, hier eine kurze Erklärung:
Savage liefert mit jeder Büchse ein Tool mit, mit dem die Schraube für das Abzugsgewicht am AccuTrigger eingestellt werden kann. Die Schraube zum Einstellen des Abzugsgewichts befindet sich ganz hinten an der Abzugseinheit, direkt unter der Sicherung. Mit der Schraube wird auf die Spannkraft der Feder eingewirkt. Je mehr die Feder entlastet/rausgedreht wird, desto leichter wird das Abzugsgewicht.
Zurück zum Thema:
Der AccuTrigger wird durch eine Verstiftung gehalten, die durch einen kleinen Sprengring/Sicherungsring gesichert wird. Zum Entfernen des AccuTrigger einfach den Sprengring entfernen/wegschieben und anschließend die Verstiftung rausdrücken. Der AccuTrigger kann sodann herausgenommen werden.
Nun kann der Timney-Abzug eingebaut werden. Falls die mitgelieferte Feder aus dem Abzug gefallen sein sollte (liegt lose darin), einfach erneut einstecken und den gesamten Abzug samt Feder von unten nach oben in das System schieben/stecken. Die „alte“ Verstiftung einführen und mit dem neu mitgelieferten Sprengring/Sicherungsring absichern.
Einstellung
Der Einbau des Timney-Abzugs ist abgeschlossen. Jetzt beginnt die Einstellung. Vorab empfiehlt es sich, das Abzugsgewicht im Auslieferungszustand einmal zu überprüfen. Hierfür den Verschluss samt Kammerstengel wieder einführen, eine Pufferpatrone zuführen und entsprechende Messungen machen. Mein Timney-Abzug hatte bei Auslieferung ein Abzugsgewicht von ca. 1.500 Gramm (Mittelwert bei fünf Messungen).
Timney empfiehlt folgende Vorgehensweise beim Einstellen des Abzugs, welche sich aber auch bei mir bewährt hat:
1. Büchse (mit Pufferpatrone) laden.
2. „Sear Engangement“-Schraube hoch/rein drehen, bis die Waffe auslöst. Anschließend die Schraube wieder eine halbe Umdrehung zurück drehen und mit der Kontermutter sichern. Die Schraube des „Sear Engangement“ bestimmt die Auslöseverzögerung, also das Ausmaß des Kriechens vor dem Bruch des Schusses. Anmerkung: Der AccuTrigger von Savage hat keine „Sear Engangement“-Schraube. Er bricht direkt und ohne Kriechen. Die Schraube kann nach Angaben von Timney deshalb auch weggelassen werden. Dies hat keine Auswirkungen auf die Sicherheit! Bei „Bottom-Bolt-Release“-Büchsen muss dies sogar zwingend geschehen, da die Kontermutter sonst auf den internen Release drückt und diesen beschädigen kann. In meinem Fall musste ich die „Sear Engangement“-Schraube folglich weglassen oder hätte sie alternativ kürzen und mit Schraubensicherung einkleben müssen. Letzteres kam für mich nicht in Frage.
3. Büchse (mit Pufferpatrone) erneut laden.
4. „Over-Travel“-Schraube hoch/rein drehen, bis diese stoppt. Anschließend den Abzug betätigen und gleichzeitig die Schraube des „Over-Travel“ wieder runter/raus drehen, bis die Waffe auslöst. „Over-Travel“ ist der Weg, den der Abzug nach dem Bruch des Schusses nach hinten nachläuft. Weniger Nachlauf bedeutet i. d. R. geringeres Risiko zu verreißen.
5. Schraube für die Sicherung hoch/rein drehen, bis diese stoppt. Die Betätigung der Sicherung ist jetzt nicht mehr möglich, da die Schraube diese blockiert. Anschließend die Schraube wieder so viel runter/rausdrehen, bis die Betätigung der Sicherung wieder gut läuft bzw. sich schieben lässt.
6. Büchse (mit Pufferpatrone) erneut laden.
7. Schraube für das Abzugsgewicht auf das gewünschte Abzugsgewicht einstellen. Je mehr die Feder entlastet/rausgedreht wird, desto leichter wird das Abzugsgewicht.
8. Büchse (mit Pufferpatrone) erneut laden und Abzug testen, insb. ob bei gesicherter Waffe auch kein Schuss bricht.
Das war es auch schon, wobei der Punkt 8 – Die Überprüfung der Funktionsfähigkeit und der Sicherung – intensiv getestet und wiederholt werden sollte! Es empfiehlt sich die Büchse (mit geladener Pufferpatrone) auch einmal fest mit dem Schaft auf den Boden zu stoßen sowie Pufferpatronen fest (mit viel Kraft zustoßend) zu laden und so zu prüfen, dass kein Schuss bricht. Andernfalls muss/sollte das Abzugsgewicht oder der „Over-Travel“ angepasst werden.
Der Abzug lässt sich im Übrigen (technisch) ohne Probleme auch weit unter die von Timney angegebenen ca. 700 Gramm Abzugsgewicht einstellen. Je niedriger das Abzugsgewicht allerdings ist, desto größer ist die Gefahr, dass die Waffe, z. B. bei Erschütterungen oder Fallenlassen, unbeabsichtigt ausgelöst werden kann. Ich konnte bei meiner Savage ein „sicheres“ Abzugsgewicht von ca. 500 Gramm erreichen, bin aber sodann wieder auf ein Abzugsgewicht von ca. 650 Gramm (Mittelwert bei fünf Messungen) hoch gegangen.
Abschließend muss der Schaft wieder montiert werden. Wichtig hierbei ist es, die vom Hersteller vorgegeben Drehmomente für die Systemschrauben zu verwenden, um Präzisionsprobleme zu reduzieren. Für meinen GRS-Bifrost Schaft sind es z. B. 5,2nm.
Fazit
Der Wechsel vom AccuTrigger auf den Timney-Abzug hat sich für mich gelohnt. Das niedrigere Abzugsgewicht und die Charakteristik empfinde ich als sehr gut. Mit Blick auf den relativ günstigen Preis, kann ich einen solchen Wechsel nur empfehlen.
Abschlußnotiz
Die nachfolgenden Bilder zeigen, warum – wie oben bereits erwähnt – bei „Bottom-Bolt-Release“-Büchsen keine „Sear Engangement“-Schraube verwendet werden kann bzw. als Alternative gekürzt und mit Schraubensicherung eingeklebt werden müsste.