Inhalt
Vorbemerkungen
Die nachfolgenden Ausführungen spiegeln meine persönlichen Eindrücke und Erfahrungswerte wider. Darüber hinaus sind sämtliche Angaben zu Produkten weder gesponsert, noch Werbung. Geschäftliche Beziehungen bestehen in diesem Kontext nicht.
Hintergrund
Die Anzahl und die Varianz an Wärmebildvorsatzgeräten haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Je nach Landesjagdrecht, Revier, eigenen Bedürfnissen und finanziellem Rahmen können deshalb nahezu alle Bedürfnisse abgedeckt werden. Gleichzeitig werden in dem Bereich aber inzwischen, durch die schnelle technische Weiterentwicklung, neue Modelle und Überarbeitungen sogar mehrfach unterjährig präsentiert. Wer – gefühlt – nicht jeden Tag auf YouTube und Instagram unterwegs ist, verliert schnell den Überblick. Neue Modelle und Überarbeitungen bedeuten aber erfreulicherweise zugleich, dass „ältere“ und (möglicherweise) bewährte Wärmebildvorsatzgeräte preislich interessanter werden, wie etwa das InfiRay CH50W. Dieses wurde erst im Sommer diesen Jahres (2022) präsentiert, während das Nachfolgemodell (InfiRay MAH50) bereits jetzt vor wenigen Wochen schon wieder vorgestellt wurde. Langzeiterfahrungen zum MAH50 liegen folglich noch nicht in der Breite vor, während das CH50 bereits mit den Versionen V1 und V2 mehrfach überarbeitet wurde. So hat das CH50W beispielsweise nun – genauso wie das V2 – eine größere und fest verbaute Kollimatorlinse, um Präzisionsprobleme zu verringern, die anfangs in Teilen vorhanden waren. Da ich persönlich bislang noch kein Wärmebildvorsatzgerät mit 640er Sensor und 50er Objektiv im Bestand hatte und hier anscheinend ein Gerät auf dem Markt ist, dass überarbeitet, bewährt und um einiges günstiger als bei Markteinführung ist, habe ich mich kürzlich für das CH50W entschieden. Kaufpreis für das CH50W waren bei mir 3.150 € (Stand November 2022).
Warum der Bericht? Videos auf YouTube zu Vorsatzgeräten gibt es genügend. Die Anzahl geschriebener Berichte zu Wärmebildvorsatzgeräten hält sich aber leider stark in Grenzen, erst recht, wenn es unabhängige Berichte sind. Zum CH50W konnte ich bislang keinen (geschriebenen) Bericht finden, auch nicht zum CH50 V2. Da sich das CH50W und das CH50 V2 im Wesentlichen „nur“ durch die hinzugekommene WLAN-Schnittstelle im „W“ unterscheiden, ist der Erfahrungsbericht somit ggf. auch V2-Interessierte von Relevanz. Wenn im Nachfolgenden folglich vom CH50W gesprochen wird, ist das V2 mit gemeint.
Technische Details
Die spezifischen technischen Details können dem Datenblatt von InfiRay entnommen werden. Kurz zusammengefasst hat das CH50W aber folgende wesentliche Spezifikationen:
- Sensor: 640x512
- Objektiv: 50mm
- Pitch: 12μm
- OLED Bildschirm in 1024x768
- Netd: ≤40mk
- IP 66 Schutz
- Adaptergewinde: M52x075
- Batterie: 2x CR123A
- USB-C-Schnittstelle
- Gewicht: 588 Gramm (ohne Adapter)
- WLAN-Schnittstelle (App-Verbindung möglich)
Die technischen Details zeigen schnell, dass sich das CH50W mit einem 640er Sensor und 50-er Objektiv im Bereich der Premium-Klasse der Vorsatzgeräte bewegt. Es wird mit zwei kleinen CR123A Batterien bzw. Akkus betrieben, kann aber auch mit einer Akkuerweiterung zwei 16650er Batterien bzw. Akkus aufnehmen. Im Lieferumfang des CH50W (siehe weiter unten) war eine solche Akkuerweiterung bereits enthalten. Was weiter direkt positiv auffällt ist, dass das CH50W mit einem (Standard-)Adaptergewinde in M52x075 versehen ist. Das ist insofern gut, da keine Reduzierringe oder anderweite Zwischenadapter-Lösungen mehr benötigt werden, um das Vorsatzgerät mit einem Rusan-, Smartclip- oder auch modularen Adapter zu verbinden. Eine Fehlerquelle für mögliche Präzisionsprobleme, durch eine fehlerhafte Montage bei Verwendung von Zwischenadaptern oder Reduzierringen, kann somit ausgeschlossen werden. Nachteile, die sich bereits jetzt aus den technischen Details ergeben? Ja, das Gewicht ist nicht zu unterschätzen. Im Vorfeld stand bei mir ebenso das Pulsar Krypton als mögliches Vorsatzgerät mit 640er Sensor und 50er-Objektiv im Raum. Auch dieses bewegte sich zum Kaufzeitpunkt auf einem ähnlichen Preisniveau (3.000 €). In den sozialen Medien wurde aber immer wieder das hohe Gewicht des Krypton bemängelt, was sich aber tatsächlich zum CH50W kaum unterscheidet. Die 588 Gramm (ohne Adapter) sind selbst gemessen. Das Krypton eines Jagdfreundes wiegt dagegen 604 Gramm (ebenfalls ohne Adapter), also nur bescheidene 16 Gramm mehr. Irgendwie hält sich aber der Mythus des schweren Krypton stark in den sozialen Medien. Wer ein Wärmebildvorsatzgerät mit 50er Objektiv nutzen will, muss sich einfach mit einem höheren Gewicht anfreunden, selbst das neue InfiRay MAH50 liegt noch über 500 Gramm (ohne Adapter).
Lieferumfang
Das CH50W wird in einer Codura-Tasche ausgeliefert. Diese wirkt hochwertig, wenngleich der Nutzen meist ausschließlich dem einmaligen Transport (bis zum ersten Auspacken) dient. Denn spätestens mit der Montage eines Adapters am CH50W passt dieses nicht mehr in die perforierten Schaumstoffeinlagen hinein und die Tasche wird nutzlos. Schade. In der Tasche befindet sich:
- CH50W
- Fernbedienung
- Akkuerweiterung
- Augenmuschel (für die Nutzung als Beobachtungsgerät)
- USB-C-Kabel
- Videokabel
- Tragegurt
- Reinigungstuch
- 5 Wärmebild-Zielpads
Eine (ausgedruckte) Anleitung wird nicht mitgeliefert, auch keine Kurzanleitung. Das ist schade in der Preisklasse, denn für das CH50W steht noch nicht einmal im Internet eine deutsche Anleitung zum Download bereit. Folglich muss man auf die deutsche Anleitung des CH50 V2 zurückgreifen oder aber die englische Anleitung herunterladen. Der Nachteil an der deutschen Anleitung für das CH50 V2 ist allerdings, dass hier nicht auf die WLAN-Schnittstelle eingegangen wird, zudem hat das CH50 V2 noch die Möglichkeit des E-Zooms, der im CH50W nicht mehr vorhanden ist. Es wird also in dieser Anleitung auf technische Details eingegangen, die nicht mehr im CH50W vorhanden sind.
Batterien oder Akkus werden ebenfalls nicht mitgeliefert, zumindest nicht vonseiten InfiRay. Viele Händler verkaufen Ihre Vorsatzgeräte aber als „Pack“ und dann sind häufig Akkus (einschließlich eines Ladegeräts) dabei. Die Beigabe von Wärmebild-Zielpads, um das Vorsatzgerät einzuschießen, ist dagegen gut, wobei auch hier viele Händler diese sonst als kostenlose Beigabe zutun. Die Augenmuschel hat vermutlich eher formal obligatorischen Charakter („Dual Use“). Denn die Nutzung des CH50W als Beobachtungsgerät (mit der Augenmuschel) ist wenig praktisch.
Die mitgelieferte Fernbedienung des CH50W kann bei Bedarf mit einem Klebepad von 3M an die Büchse geklebt werden. Durch Klettband kann sie sodann nach Belieben auf und abgenommen werden. Das ist grundsätzlich eine gute Idee, allerdings muss das CH50W dann im Bluetooth-Modus betrieben werden, um eine permanente Verbindung zur Fernbedienung zu gewährleisten. Letzteres kostet (viel) Akkuleistung. Insofern nutze ich die Fernbedienung bei mir nicht. Wäre ein ein- und auschalten des Gerätes über die Fernbedienung möglich, ohne dass eine permanente Verbindung bestehen müsste, wäre die Idee sicherlich gut.
Verarbeitungsqualität
Die Verarbeitungsqualität des CH50W ist sehr gut und bewegt sich auch in dem Bereich, in dem sich andere Vorsatzgeräte mit einem (damaligen) UVP von ca. 4.000€ bewegen. Neben einer USB-C-Schnittstelle (z. B. für das Betreiben des CH50W mit einer Powerbank) gibt es das Akkufach, das durch einfaches drehen geöffnet werden kann. Die Schließung erfolgt per Klick. Auf der Oberseite des CH50W gibt es ferner drei übersichtliche Bedientasten (P, M und C):
- P = Power Button (Ein- und Ausschalten des CH50W durch langes Drücken)
- M = Menu Button (durch langes Drücken)
- C = Camera Button (kurzes Drücken = Screenshot; langes Drücken = Videoaufnahme)
Die Bedientasten sind gut voneinander haptisch getrennt und lassen sich auch mit Handschuhen erfühlen und drücken. Die Verarbeitung der Tasten ist zudem ebenfalls sehr wertig.
Die Fokussierung des Bildes (Scharfstellung) erfolgt mit dem Fokusring auf der Oberseite. Das funktioniert einwandfrei und hat auch den Vorteil – beispielsweise im Gegensatz zu den HIK-Thunder-Vorsatzgeräten – dass nicht so weit und umständlich nach vorne gegriffen werden muss oder die Gefahr besteht, dass Vorsatzgerät durch drehen des Fokusringes seitlich verstellt wird.
Mängel an der Verarbeitungsqualität? Am CH50W gibt es in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht viel zu bemängeln, lediglich die Objektivschutzklappe ist aus meiner Sicht minderwertig verarbeitet. Sie wirkt, gerade in dieser Preisklasse, billig. Sie lässt sich nur hakelig öffnen und schließen, klickt dabei laut und das drehen des Schutzklappe läuft nicht einwandfrei, sondern leicht schwer. Ferner überzeugt die Akkuerweiterung aus meiner Sicht nicht. Sie rastet nicht immer sauber ein und es passen nur ungeschützte 16650er Akkus. Geschützte 16550er Akkus sind zu lang. Mit Blick auf die Gefahr eines Kurzschlusses bei Vertauschung von Plus/Minus, habe ich die Akkuerweiterung deshalb auch nicht im Gebrauch.
Einschießen
Das Einschießen gestaltet sich verhältnismäßig einfach und ist nicht anders, wie bei anderen Vorsatzgeräten. Kurz: Probeschuss mit Tageslichtoptik machen, Wärmebild-Zielpad auf die Scheibe kleben und sodann einen Kontrollschuss mit dem CH50W machen. In meinem Fall lagen die Treffer zunächst tief links und außerhalb dem, was jagdlich brauchbar ist. Der Slogan auf der InfiRay-Homepage „Klemmen und schießen, das war's.“, stimmt also nicht ganz. Durch langes drücken des M-Button gelangt man aber in das Hauptmenü und kann dort bequem in das Einschießmenü (Bild-Kalibrierung) wechseln. Hier lässt sich der Bildschirm entsprechend über X- und Y-Werte korrigieren (1 Klick/Pixel = 2,4cm auf 100m).
Tipp: An dieser Stelle lässt sich die Fernbedienung im Übrigen gut nutzen, da es deutlich bequemer geht, über die Fernbedienung Änderungen vorzunehmen, während man gleichzeitig durch die Optik auf den Bildschirm des CH50W schaut.
Kurze Zeit später hatte ich sodann das CH50W eingeschossen. Ein mehrmaliges abnehmen und aufsetzen des Gerätes veränderte nicht die Treffpunktlage (Adapter: EP Arms Rotoclip). Videos, die das detaillierte Einschießen des CH50W zeigen, gibt es im Übrigen auf YouTube. Diese sind empfehlenswert und auf eine Beschreibung, welcher Button welche X- und Y-Werte ändert, verzichte ich deshalb.
Was aber an dieser Stelle besonders erwähnenswert ist: Die CH50-Reihe bietet die Möglichkeit, bis zu vier verschiedene Waffen „abzuspeichern“. Diese sind mit G1 bis G4 gekennzeichnet. Im CH50W sind G1 und G2 für Tagelichtoptiken mit 1 bix 4-fache Vergrößerung vorgesehen und G3 und G4 für 5- bis 9-fache Vergrößerung. So ist es beispielsweise möglich, auch bei höherer Vergrößerung am Zielfernrohr noch das Batterie-Symbol zu sehen. Das ist gut gelöst!
Bildqualität
Video zur Bildqualität der CH50-Reihe gibt es auf YouTube viele. Bis zum Erscheinen des InfiRay MAH50 war das CH50 auch grundsätzlich das „Maß der Dinge“, wenn es um die Bildqualität ging. Diese ist nach eigener Erfahrung tatsächlich sehr gut, selbst bei widrigen Wetterbedingungen wie Regen, Nebel oder Schnee. Aus meiner Sicht arbeitet der Black-Hot-Modus allen voran gut bei der Darstellung und Erkennung der Umgebung. Selbst Äste und Unebenheiten auf dem Feld sind sogar auf weite Entfernungen klar zu erkennen. Das habe ich vorher noch nicht so erleben dürfen und war mehr als positiv überrascht. Der White-Hot-Modus ist dagegen für mich vor allem für die Darstellung und das Ansprechen geeignet. Nachfolgend ein paar Impressionen (aufgenommen im November 2022 bei normalen Witterungsbedingungen), die allerdings im Gerät – technisch bedingt – sogar noch etwas besser aussehen. Hintergrund ist, dass Bilder und Videos in etwas geringer Qualität abgespeichert werden also wie sie im CH50W tatsächlich dargestellt werden.
Die Bildqualität zum CH50 V2 ist im Übrigen identisch, auch wenn einige Händler in den sozialen Medien behaupten, dass diese beim „W“ durch die Firmware noch einmal verbessert wurde. Ich habe schriftlich von InfiRay Anfang Dezember die Antwort bekommen, dass es keinen Unterschied in der Abbildungsleistung zwischen den Geräten gibt und die Firmware sich nur mit Blick auf Funktionalitäten wie E-Zoom oder WLAN-Schnittstelle unterscheidet.
Zur WLAN-Schnittstelle im CH50W: Das CH50W lässt sich bequem über die InfiRay-Outdoor App verbinden. Das geht ohne Probleme und Bilder und Videos können heruntergeladen werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, auch ein Live-Bild des CH50W zu streamen, sodass z. B. ein Mitjäger die jagdliche Sequenz parallel mitverfolgen kann. Das ist gut gelöst!
Ansonsten wirkt die InfiRay-Outdoor App aktuell für mich eher wie eine Beta-App. Viele Funktionen leiten auf die Webseite weiter und andere funktionieren gar nicht, z. B. das herstellen einer Verbindung zum CH50W, um die Firmware einzusehen oder ggf. sogar zu updaten. Auf Nachfrage bei InfiRay arbeitet man derzeit an einer Verbesserung. Mal abwarten ... Andere Hersteller haben das zumindest inzwischen besser gelöst.
Fazit
Das CH50W bietet bei den aktuellen Preisen aus meiner Sicht ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. Wer nicht immer als Erster das neueste Wärmebildvorsatzgerät haben muss und überlegt, auf ein Wärmebildvorsatzgerät mit 640er Sensor und/oder 50er Objektiv zu wechseln, dem sei von mir das CH50W empfohlen. Kurz: Es ist gut verarbeitet, hat eine sehr gute Abbildungsleistung, ist präzise und anfängliche „Kinderkrankheiten“ sind inzwischen behoben. Ferner ist es auch erst dieses Jahr (2022) erschienen, sodass es durchaus noch als „neues“ Gerät gelten kann. Kritikpunkte, die ich beschrieben habe, sind weniger relevant für die Funktion, sollten aber dennoch in dem Preissegment nicht unerwähnt bleiben. Denn Verkaufsvideos ohne jegliche Kritikpunkte gibt es (leider) zu viele.