Spartanische Stabilität

Fred Nambur
11 Min. Lesezeit

Wie ich auf der Pirsch einen stabilen Anschlag finde

„If you can get closer – get closer. If you can get steadier – get steadier.” (Jeff Cooper, To ride, shoot straight and speak the truth)

Diese Aussage von Jeff Cooper ist das, was jeder pirschende Jäger, bewusst oder unbewusst, ständig im Kopf hat: Der Versuch sich näher an die Beute heranzupirschen und dann einen stabilen Anschlag zu finden.

In diesem Artikel beschreibe ich meine Erfahrung mit stabilen Waffenauflagen auf der Pirsch.

Ein stabiler und ruhiger Anschlag ist Grundvoraussetzung für einen präzisen Schuss. In der Schießausbildung wird der stabile Anschlag über Referenzpunkte gelehrt: linke Hand am Vorderschaft, rechte Hand am Griffstück, Schaft in der Schulter und Wange an der Schaftbacke: Diese vier Referenzpunkte ermöglichen einen stabilen, wiederholgenauen Anschlag.

Unser Erfolg auf Bewegungsjagden hängt maßgeblich davon ab, wie sicher wir diesen stabilen Anschlag beherrschen. Als Ansitzjäger nutzen wir zusätzlich die Brüstung unserer Ansitzeinrichtung, um den Vorderschaft und ggf. den rechten Ellbogen oder sogar den Hinterschaft weiter zu stabilisieren.

Auf der Pirsch steht uns, je nach Revierbedingungen, eine unweit größere Anzahl an Möglichkeiten zur Verfügung, die Waffe zu stabilisieren: Ausgehend vom stehend freihändigen Schuss können wir unseren Anschlag durch das Einnehmen unterschiedlicher Schießpositionen stabilisieren: kniend, hockend, sitzend oder liegend bringen wir die Waffe ruhiger ins Ziel. Weitere Stabilität erlangen wir durch das Anstreichen an Bäumen, Masten oder Zaunpfählen oder durch das Auflegen auf kleinen Erhöhungen wie Wurzeln, Stämmen, Steinen usw.

Hier diente ein Zaunpfahl als Auflage und mit dem Bewuchs sogar als leichte Deckung

Doch was tun wir, wenn uns solche natürlichen Hilfsmittel nicht zur Verfügung stehen?

Pirschstock

Liest man die jagdliche Fachpresse und Kataloge der Ausrüstungsindustrie, so scheint der ein-, zwei-, drei, vier- und x-beinige Zielstock das non-plus-Ultra für einen stabilen Anschlag auf der Pirsch. Der Pirschstock hat klare Vorteile auf der Pirsch: erstens erhöht er - besonders im flachen Gelände - den Schusswinkel und damit die Möglichkeit für sicheren Kugelfang. Zweitens kann man mit dem Pirschstock über Hindernisse wie hohes Gras oder Gebüsch hinwegschießen. Weiterhin kann ein Pirschstock in bergigem oder rutschigem Gelände auch gut als Wanderstock aushelfen.

Für mich persönlich überwiegen aber klar die Nachteile des Pirschstocks: Meine Grundausrüstung auf der Pirsch besteht aus Waffe, Fernglas und Rucksack. Eine Hand brauche ich für die Waffe, die andere fürs Fernglas. Wohin jetzt noch mit dem Pirschstock? Oder andersherum: Wenn ich in einer Hand den Pirschstock halte, verlangsamt er meinen Zugriff auf Waffe und Fernglas. Ein Pirschstock bedeutet mehr Gewicht und ist neben dem Lauf der Waffe ein weiterer Ausrüstungsgegenstand mit dem man im Bewuchs anecken oder festhängen kann. Daher fristet mein Pirschstock mittlerweile ein trauriges Dasein in der „Gerödelecke“

Der Rucksack

Wie also stabilisiere ich meinen Anschlag auf der Pirsch? Bei mir haben sich Zweibein und Rucksack durchgesetzt, die ich im Liegendanschlag nutze. Ich jage in einem Wald-Feldrevier im bergischen Land. Hier ist der nächste Hang nie weit und sicherer Kugelfang somit fast immer gegeben.

Der Rucksack ist für mich die stabilste Waffenauflage

Einen ordentlichen Rucksack bezeichne ich für diesen Artikel als „spartanische“ Waffenauflage, denn er stellt eine einfache und absolut ausreichende Stabilisierung dar, die der Pirschjäger immer zur Hand hat. Der Rucksack ist schnell vom Rücken auf dem Boden, man liegt in kürzester Zeit dahinter und hat sofort eine stabile Auflage. Zu beachten sei, dass der Rucksack straff gepackt ist. Das erreiche ich zum Beispiel dadurch, dass ich einen dünnen Lodenkotzen hineinpacke, denn auch der ist ja überaus nützlich.

Je nachdem wie fest man ihn packt und dreht, kann man die Höhe des Rucksacks variieren

Seit einigen Jahren nutze ich auch Zweibeine der Marken Harris und Spartan. Die Entscheidung dazu fiel aus zwei Gründen: Ich erhoffte mir noch mehr Stabilität im Anschlag und pirsche im Sommer gerne ohne Rucksack.

Das Harris Zweibein

Das Harris war mein erstes Zweibein. Ich habe es über den Fachhandel erworben. Es ist außerordentlich solide gebaut und ist mit einer Rändelschraube in knapp einer Minute am Riemenbügelstutzen des Vorderschaftes montiert. Es besitzt im Gegenzug eine eigene Öse zur Befestigung des Riemens. Im eingeklappten Zustand zeigen die Beine parallel zum Lauf nach vorne. Zum Ausklappen zieht man sie gegen den Federdruck auf sich zu. Beide Beine Können unabhängig voneinander in der Höhe verstellt werden. Das funktioniert auch prima mit einer Hand. Die Befestigung zum Schaft verfügt über ein Gelenk, sodass die Waffe nach rechts und links gekippt werden kann, um Unebenheiten des Bodens auszugleichen.

Das Harris Zweibein stabilisiert die Waffe für präzise Schüsse

Das Harris Zweibein ist ähnlich schnell wie der Rucksack: Man klappt die beiden Beine aus und legt sich in den Anschlag. Dass man das ein wenig vorsichtig tut, um Geräusche zu vermeiden, versteht sich auf der Pirsch von selbst. Das Harris bietet eine äußerst stabile Auflage und man kann sich blind auf die Qualität verlassen.

Für mich birgt das Harris jedoch auch einige klare Nachteile: Es erhöht das Waffengewicht, verlagert den Schwerpunkt der Waffe und macht sie beim Tragen unhandlicher.

Das Spartan-Zweibein

Wegen dieser Nachteile suchte ich nach Alternativen und landete beim Spartan Javelin Pro Hunt Bipod Standard. Dieses bestellte ich bei Spartan direkt. Die Firma aus UK hat einen Webshop und liefert auch direkt nach Deutschland. Die Lieferung erfolgte nach wenigen Tagen und das „Unboxing“ war bereits ein kleines Erlebnis. Die Qualität und hohe Wertigkeit des Produktes hielten auf den ersten Blick das, was der Preis versprach: höchstes Niveau.

Der Bipod kommt mit einem Adapter für Waffen mit Riemenbügelstutzen. Um den Adapter zu montieren, braucht man keinen Büchsenmacher. Zunächst schraubt man den Riemenbügelstutzen ab. Spartan liefert mehrere Schrauben für den Adapter mit und ich fand schnell eine passende, die in das vorhandene Bohrloch und Gewinde passte. Dann sucht man noch eine passende Unterlegscheibe für den Adapter aus, um ihn an die Form des Vorderschaftes anzupassen. Einfach festschrauben und fertig. Ich habe einen Tropfen Schraubenkleber genutzt, so sitzt der Adapter jetzt fest und sicher. Neben der Aufnahme für den Spartan Bipod befindet sich auch ein Loch für den Riemenbügel an diesem Adapter.

Der mitgelieferte Adapter ist einfach am Vorderschaft zu montieren


Es gibt außerdem noch einen „Büchsenmacheradapter“, welchen ich – natürlich vom Büchsenmacher – in den Schaft einer anderen Waffe einbauen ließ. Dieser ist noch eleganter, weil er bündig abschließt und somit fast unsichtbar ist.

Der Spartan Büchsenmacheradapter im Schaft meiner Schwedenmauser

Das Spartan Zweibein ist schlank, leicht und elegant. Im zusammengeklappten Zustand passt es super in die Oberschenkeltaschen meiner Jagdhosen. Als Rechtshänder habe ich es in der linken Tasche, entnehme es dort mit links, setze es in den Adapter ein, wo es per Magnet festgehalten wird und falte es auch mit der linken Hand auseinander. Mit etwas Übung geht das genauso schnell, wie das Ablegen des Rucksacks.

Auf der Pirsch ist das leichte Spartan von Vorteil

Wie das Harris Zweibein verfügt auch das Spartan über ein Gelenk, über welches sich die Waffe seitlich kippen lässt. Zusätzlich lässt sich die Waffe aber auch auf der horizontalen Ebene im Adapter drehen. So kann man auch ziehendes Wild im Anschlag verfolgen, ohne das Zweibein umsetzen zu müssen. Auch beim Spartan lassen sich beide Beine unabhängig voneinander in der Höhe verstellen. Natürlich auch einhändig.

In den letzten zwei Jahren habe ich nur noch das Spartan Zweibein genutzt. Die Vorteile gegenüber dem Harris sind klar: Ich kann es mitführen, ohne es an der Waffe montiert haben zu müssen. Es verändert somit nicht das Aussehen, Gewicht oder die Balance der Jagdwaffe. Es ist klein und leicht und bietet mehr Bewegungsmöglichkeit über die horizontale Drehung.

Als einzigen Nachteil würde ich die „filigranere“ Konstruktion sehen. In das Harris-Zweibein kann man sich richtig hineinlehnen und ich hätte keine Bedenken, es höchsten Schussfolgen mit starken Kalibern auszusetzen. Mit mehr als dem Waffengewicht würde ich das Spartan nicht belasten wollen.

Schießriemen

Über Schießriemen habe ich bereits an anderer Stelle geschrieben (https://www.geartester.de/berichte/der-riemen-trifft) und halte sie für ein verkanntes Utensil. Egal in welcher Schießposition man sich befindet, so lässt sich der Anschlag mit einem Schießriemen weiter stabilisieren.

Mein Fazit

Ich trage gerne so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig mit mir herum. Deswegen sind sie Schießriemen bei mir sowieso an den Waffen dran und ich möchte sie nicht mehr missen.

Wenn ich einen Rucksack auf dem Rücken trage, sollte der als stabile Waffenauflage völlig ausreichen. Das Spartan Zweibein noch zusätzlich mitzunehmen, ist wegen des geringen Gewichts aber kein Problem.

Bin ich ohne Rucksack auf der Pirsch, ist das Spartan meine Waffenauflage der Wahl.

Ich wünsche Euch jederzeit eine stabile Waffenauflage und viel Waidmannsheil,

Tobi Nambur

Find' ich gut!

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