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Hallo Geartester,
ich führe seit kurzem einen Marlin 1895 SBL Unterhebelrepetierer in .45-70 und möchte gerne meine guten Erfahrungen mit Euch teilen.
Wie es zum Marlin Unterhebelrepetierer kam
Nach vier Jahren Aufenthalt in den USA wollte ich mir zur Erinnerung eine „typisch amerikanische“ Jagdwaffe als Andenken mitnehmen. Also was tun? Eine Remington 700 in .30-06? Eine Ruger Scout Rifle in .308? Oder gar eine AR-15 in .223?
Dann war ich kurz vor meiner Abreise noch einmal mit einem Freund auf dem Schießstand und wir schossen mit seinen beiden Unterhebelrepetierern in .30-30 und .44 Magnum und hatten dabei einen Heidenspaß. Die Entscheidung war gefallen! Blieb nur noch die Frage des Kalibers. Da wir im Bergischen Land auf Rehwild und Schwarzwild jagen und letzteres vor allem auf Bewegungsjagden im Mais und Wald, entschloss ich mich für ein „dickes“ Kaliber für meinen neuen Unterhebelrepetierer. Zur Entscheidungsfindung trug auch „Teilchenbeschleuniger“ mit seiner website
www.jasw.debei, die ich hier dringend empfehlen möchte.
Der erster Eindruck
Kompakt, griffig, klassisch-modern, „Grinsen-ins-Gesicht-zaubernd“.
Der Marlin 1895 SBL Unterhebelrepetierer ist nur rund 1m kurz und wiegt etwas über 3kg „out-of-the-box“. Mit 6 Patronen im Magazin und mit Zielfernrohr kommt man auf rund 4kg.
Der graue Schichtholzschaft der Marlin 1895 SBL ist sehr griffig und der Vorderschaft ausreichend groß bemessen um mit den Fingerspitzen nicht direkt an den Lauf zu kommen. Die Verarbeitung des Schaftes und aller Metallteile macht einen sehr guten Eindruck, auch wenn es einige scharfe Ecken und Kanten gibt. Es ist eben keine Sauer, Blaser oder Heym… Anstatt einer klassischen Visierung hat die Marlin 1895 SBL eine Ghost-Ring Visierung und eine „LeverRail“ genannte Picatinnyschiene, welche eine günstige Montage erlaubt.
Die feste Visierung ist eine klasse Lösung, denn bei dem kurzen Lauf wäre der Abstand zwischen klassischer Kimme und Korn sicher etwas kurz. Aber auch so sollte man „oben ohne“ sicher nicht weiter als 30m schießen.
Auf dem Schießstand mit der Marlin 1895 SBL
Ich habe mir ein Leupold 1-6x24 auf die Marlin montieren lassen. Die Optik ist super, allerdings ist der Zoomring etwas schwergängig. Der Leuchtpunkt lässt sich per Druckknopf betätigen, da finde ich die Rädchen einiger deutscher Hersteller doch praktischer. Den Abzug habe ich vom Büchsenmacher überarbeiten lassen. Mit diesem Set-up ging es dann zunächst auf die 100m Bahn.
An den Abzug der Marlin 1895 SBL musste man sich erst einmal gewöhnen, aber dann schießt der Unterhebelrepetierer trotz des kurzen Laufs außerordentlich präzise.
Ich habe mir zwei Sorten Jagdmunition für den Unterhebelrepetierer zugelegt: Die Hornady Leverevolution FTX (Flex Tip eXpanding) mit Teilmantelspitzgeschoss und die Barnes Vortex mit Kupferhohlspitzgeschoss.
Die FTX schießt auf 100m 4 cm hoch, die Vortex genau Fleck. So kann man beide Laborierungen gleichzeitig einsetzen. Die FTX kostet rund EUR 50, die Vortex knapp EUR 70. So ist die FTX prädestiniert für den Schießstand (und dort wo Blei noch erlaubt ist natürlich auch für die Jagd), die Vortex geht mit in bleifreie Gebiete.
Einige Wochen später durfte der Unterhebelrepetierer von Marlin dann im Schießkino beweisen, was er kann. Hier kann die Waffe zwei ihrer systembedingten Stärken klar ausspielen.
1. Das System erlaubt einen sehr schnellen Repetiervorgang. Selbst als ungeübter Schütze hat man die Bewegung schnell verinnerlicht.
2. Der lineare Repetiervorgang eines Unterhebelrepetierers bei dem die Hand im Bügel bleibt, erlaubt es die Waffe die ganze Zeit im Anschlag zu halten ohne den Kopf zu bewegen. So habe ich mein Ziel die ganze Zeit im Blick.
Was noch? Hält man zum ersten Mal eine Patrone im Kaliber .45-70 (metrisch 11,6x53) in der Hand fragt man sich schon, wie die sich denn anfühlen wird.
Kurzum: Ich empfinde sie als ähnlich angenehm zu schießen wie
meinen 98er Stutzen in 8x57IS und weitaus angenehmer als eine .30-06. Der
dumpfe Knall ist allerdings etwas Besonderes :-)
In der Praxis
Hier zahlen sich zwei weitere Vorteile des Unterhebelrepetierer-Systems aus. Zunächst einmal ist die hohe Magazinkapazität zu nennen. 6 Patronen fasst das lauflange Röhrenmagazin der Marlin 1895 SBL. Theoretisch könnte man dann einmal durchrepetieren und eine weitere Patrone in das Magazin laden. Das sollte für jede deutsche Drückjagdsituation reichen.
Kommen wir zum Hahn und zur Sicherung. Das gute alte Unterhebelrepetierer-System kombiniert zwei auch in Deutschland sehr geschätzte Systeme - die Schlagbolzensicherung und die Handspannung.
Der Hahn der Marlin 1895 SBL hat 3 Positionen: abgeschlagen, halb gespannt, gespannt. Abgeschlagen liegt er auf dem Schlagbolzen auf. Halb gespannt kann man die Waffe nicht auslösen und die Druckknopfsicherung lässt sich zwischen Hahn und Schlagbolzen schieben. Erst in gespannter Position lässt sich der Abzug betätigen, ähnlich einem single-action Revolver.
Auf dem Stand habe ich die Marlin 1895 SBL halb-gespannt und entsichert. Erst im Anschlag spanne ich den Hahn – das geht fast lautlos vonstatten. Nach dem Repetiervorgang ist der Hahn sofort wieder gespannt und die Waffe schussbereit. Brauche ich keinen zweiten Schuss wird gesichert und der Hahn wieder in halb gespannte Position gebracht. Dann kann ich wieder entsichern und auf das nächste Stück Wild warten. Klingt zunächst alles sehr gewöhnungsbedürftig, man hat es aber schnell raus und weiß bald die Vorteile zu schätzen.
Während der Saison 2014/15 konnte ich 4 Schweine von 35-65 kg sowie einen Fuchs mit dem Unterhebelrepetierer von Marlin erlegen. Details zu den Erlegungen findet Ihr in einem separaten Bericht zu den beiden Patronen/Geschossen.
Für mich ein gelungener Einstand mit meiner amerikanischen Errungenschaft, die ich hiermit wärmstens weiterempfehlen kann.
Zusammenfassung
POSITIV
+ führig und angenehm zu schießen
+ präzise und sicher
+ hoher Spaßfaktor mit dem Unterhebelrepetierer-System
NEGARIV
- Abzug und scharfe Kanten sind zu überarbeiten
- Beschränkte Auswahl an Fabriklaborierungen sowie begrenzte Einsatzentfernung für die .45-70