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Passionierte Sauenjäger und notgedrungen auch Jäger, die eine drohende Wildschadensanmeldung auf den Sauenansitz zwingt, könnten ein Kanon über die unzähligen Ansitzstunden anstimmen.
Die Sauenbestände nehmen in manchen Regionen deutlich zu und der technische Fortschritt der Jagdausrüstung macht dabei ebenfalls nicht halt. Was vor Jahrzehnten das Leuchtabsehen war, sind heute Nachtsicht- und Wärmebildgeräte. Neuerungen, die in der Jägerschaft zu teils kontroversen Diskussionen führten. Und doch wird oder hat sich dieser Fortschritt immer durchgesetzt. Beide technische Neuerungen eint die Absicht Wild waidgerecht erlegen zu können. Das Leuchtabsehen, weil es das schwarze Absehen im Leben des dunklen Wildkörpers zentrieren lässt und Wärme- und Nachtsichttechnik die Gewissheit, ob es eine führende Bache oder ein Keiler ist.
Das Wild braucht seine Ruhephasen und es geht eben nicht darum in stockfinsterer Nacht allem Wild nachzustellen. Der Büchsenschuss benötigt ausreichend Licht. Die bisherigen Jagdzeiten bleiben, nur das nun das menschliches Auge Dank des technischen Fortschritts Zugang zu einer anderen Sicht auf die Nacht erhält. Mit Wärmebild- und Nachtsichtgerät ist eben Anblick garantiert!
Funktionsprinzip restlichtverstärkende Nachtsichtgeräte
Nachtsichtgeräte sind technische Geräte, die die visuelle Wahrnehmung im Dämmerlicht oder der Dunkelheit verbessern oder gar erst ermöglichen.
Sie verstärken mit eingebauten Bildröhren in der Größe einer D-Batterie das vorhandene Restlicht. Ein zusätzlich angebrachter Infrarotstrahler kann dabei noch als Aufheller, als "Taschenlampe" fungieren. Das Licht ist dabei für den Menschen nicht sichtbar. Auch werden "wildsichere" Lichtfrequenzen gewählt.
Herzstück eines Nachtsichtgerätes ist eine Bildwandlerröhre bzw. ein Restlichtverstärker. Dabei löst die auftreffende Strahlung auf einer Fotokathode Elektronen. Diese werden dann durch Hochspannung im Vakuum beschleunigt und treffen auf einen Leuchtschirm. Durch die Zugabe einer Fluoreszenz wird dann meist ein grünliches Licht erzeugt. Diese Abbildung wird durch Glasoptiken abgebildet und ermöglicht eine Betrachtung wie durch einen Sucher einer Videokamera.
Nachtsichtgeräte sind nicht am Tag einsetzbar. Gerade direkte Sonneneinstrahlung kann die Bildröhre beschädigen. Und schließlich haben die Bildröhren je nach Generation eine begrenzte Lebensdauer von bis zu 15.000 Stunden. Das zumindest reicht für 41 Jahresjagdscheine, wenn man von einer täglichen Betriebsdauer von einer Stunde ausgehen würde.
Bildröhren Generation
Die Geräte lassen sich grob nach den Generationen der Bildröhren einteilen. So gibt es die Bildröhren in den Generation 0 bis 4. Die Generation 4 ist allerdings für den zivilen Markt nicht verfügbar.
Gen 0-Röhren sind Röhren ohne Lichtverstärkung und wurden bereits in den 1940iger Jahren eingesetzt. Das unhandliche FERO51 aus Bundeswehrbeständen ist ein Vertreter dieser Generation, die nicht ohne massive und stromfressende IR-Flutlichtstrahler auskommt.
Die meisten Nachtsichtgeräten, die ist bei den bekannten Discountern zu kaufen gibt, haben Röhren der Gen 1. Sie verstärken das Licht bereits um das ca. 1000fache. Die Lebensdauer dieser Röhren liegt bei wenigen Tausend Stunden.
Der heutige Standard für professionelle Restlichtverstärker aus europäischer Produktion sind die Gen 2 - Röhren. Sie entstanden in den 70er Jahren und haben bereits eine 50.000fache Lichtverstärkung. Auch ist die Lebensdauer der Röhre um ein Vielfaches höher. Je nach Hersteller tragen diese Röhren auch die Namen KATOD (Russland), PHOTONIS (Europa) oder HAMAMATSU (Japan).
Röhren aus dem amerikanischen Markt sind aufgrund von Exportbeschränkungen selten bis gar nicht erhältlich. Und letztlich gibt es die Gen 3 - Röhren.
Jede verbaute Röhre, auch aus der gleichen Serie, sind Einzelstücke. Sie können dabei in der Bilddarstellung, dem Farbverhalten, der Helligkeit oder dem Rauschverhalten variieren.
Von den Herstellern werden dabei ein Datenblatt zu den Bildröhren mitgeliefert. Dabei sind Leistungsparameter aufgeführt, u.a. S/N (Signalrauschabstand), Lichtverstärkung, Lichtempfindlichkeit, Bildauflösung (Linienpaare p. Millimeter), FOM etc. Der Bildauflösung (lp/mm) sollte dabei das besondere Augenmerk gelten, um ein detailliertes und scharfes Bild, insbesondere bei höheren Vergrößerungen zu erhalten. Das Maximum, was das menschliche Auge verarbeiten kann, beträgt hier 60 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm). So gut wie jede Photonis-Röhre soll dabei diese Anforderung erfüllen.
In einigen Datenblätter ist der FOM-Wert aufgeführt. FOM steht für "Figure of Merit". Da die reine Generationsbezeichnung der Bildröhre keine sichere Aussage zur Röhrengüte ermöglicht und es innerhalb der Produktion erhebliche Schwankungen geben kann, wurde als wichtigste Messgröße FOM etabliert. Sie ist das einheitenlose, rechnerische Produkt aus der Auflösung (Linienpaare pro mm) und dem Rauschverhalten "S/N" (signal to noise) der Bildröhre. FOM - Auflösung (lp/mm) x Rauschverhalten S/N (dB).
Alle diese Nachtsichtgeräte (ab Gen 2) eint die Möglichkeit den "Schwarzen Klumpen" nicht nur auf der Kirrungsentfernung ansprechen zu können. Pinsel, Gesäuge, selbst die Borsten auf der Schwarte kann sich der Jäger ansehen und dann sicher entscheiden, ob das Stück passend ist.
(aktuelles) deutsches Recht
Bei der Verwendung dieser Nachtsichtgeräte ist geltendes Recht zu beachten. Der Besitz von Nachtsichtvorsatzgeräten ist nach deutschem Recht erlaubt. Diese haben anbringbare Okulare, wobei das Nachtsichtgerät wie ein Monookular (Spektiv) verwendet werden kann (Dual use). Mit Adaptern ist die Anbringung an eine Fotokamera, ein Doppelglas oder an die Tageslichtoptik möglich. Auch ein Anbringung an die Zieloptik ist möglich, allerdings in Deutschland grundsätzlich verboten. Ausnahmegenehmigungen werden jedoch schon jetzt in den Bundesländern Bayern und B.W. erteilt.
Dagegen sind Nachtzielgeräte generell verboten. Dabei handelt es sich um Nachtsichtgeräte mit einem eingebauten Absehen und meist ist eine Montage vorhanden. Bereits der Besitz dieser Geräte ist in Deutschland nach dem Waffengesetz verboten. Gleiches gilt für Zielgeräte nach dem Wärmebildprinzip.
Details zum Nachtsichtvorsatzgerät LYNX
Nun hatte ich die Möglichkeit das LYNX Edition JAGDFUX bei nächtlichen Pirsch- und Ansitzjagden zu testen.
Es handelt sich auch um ein Dual-Use-Gerät, dass als Beobachtungsgerät genutzt werden kann. Auch bei der Auslandsjagd oder dem Vorliegen einer behördlichen Genehmigung (mit Stand 11.03.18 in Bayern und Baden-Württemberg möglich) kann das Nachtsichtgerät am vorhandenen Zielfernrohr der Jagdwaffe mit einem Schnelladapter am Objektiv befestigt werden. Dabei handelt es sich bei diesem Gerät auch um eine Plug & Play-Variante. Ein Einschießen ist laut Hersteller nicht nötig, die Treffpunktlage ist wiederholgenau.
Das stabil und hochfertig wirkenden Gehäuse wird von der Firma DIPOL gefertigt und dann mit ausgewählten Bildröhre bestückt, getestet und ausgeliefert. Der Kunde hat dabei eine Auswahlmöglichkeit verschiedener Bildröhren. Der Jagdfux-Besitzer Fabian Prüller hat dabei eigene Erfahrungen einfließen lassen. So sorgt bereits eine große Ausgangslinse für mehr Lichteinfall und kein "Fenstereffekt". Auch wurde das Gehäuse angepasst, sodass eine mehr an Vergrößerung über die Zieloptik möglich wird.
Im LYNX Edition Jagdfux Nachtsichtvorsatzgerät wird eine fabrikneue Bildröhre verbaut. Hierbei bietet der Händler verschiedene Auswahlmöglichkeiten (Generation 2s, Photonis selected oder Premium Photonis; in s/w, grün oder onyx) an. Nach der eingebauten Bildröhre richtet sich auch der Gesamtpreis. In meinem Vorsatzgerät war eine Bildröhre der Generation 2s, Photonis Premium-Klasse (65-70 Lp Auflösung, grün) verbaut. Das LYNX Edition Jagdfux ist ab 3499 € erhältlich. Das verwendete Gerät hat einen Preis von 4200 €.
Lieferumfang
Im Lieferumfang befanden sich das Nachtsicht-Vorsatzgerät Lynx mit Wunschröhre inkl. Tragetasche, ein Klemmadapter in Wunschgröße, IR-Laser 900/850 nM (wildsicher), Beobachtungsokular, BKA-Bescheid, Datenblatt der Bildröhre, Anleitung, Werkzeug, Batterien. Also ein Komplettpaket.
Erster Praxistest
Ich selbst verwende regelmäßig das Nachtsichtvorsatzgerät DIPOL DN 34 Pro und die PULSAR Helion XP 38. Über beide Geräte gibt es hier schon Geartest-Berichte von mir.
Also nun hatte ich das "getunte" LYNX Nachtsicht-Vorsatzgerät in der Hand und es ging das erste Mal ins Revier. Zumindest die Werte der verbauten Premium Photonis-Röhre versprachen ein besseres Bild als beim DN 34.
Tatsächlich sind es deutliche Unterschiede. Das Bild ist kontrastreicher, schärfer. Auch in der Weite kann ich besser ansprechen.
Die Bedienung des Vorsatzgerätes ist gewohnt einfach. Das Gerät ist schlank und wiegt 750 Gramm (140 Gramm mehr als das DN 34).
Hier würde ich mir in der Zukunft leichtere Modelle wünschen, allerdings hält man in der Praxis das Vorsatzgerät nicht dauerhaft freihändig. Ich hatte leider keine Möglichkeit mit einer Zielfernrohrkamera ein Bild vom tatsächlichen Nachtsichtbild zu machen, da die Anbringung für mich dort nicht erlaubt war. Die Bilder sind daher ein Kompromiss und stellen nicht das reale Bild dar, dass deutlich klarer und detailreicher ist. Hier kann ich nur dazu einladen, dass man sich beim Händler (zum Beispiel JAGDFUX, Fabian Prüller, info@jagdfux.de , Telefon 09792 93 14 03) vor Ort selbst ein Bild macht.
Technische Daten
(Quelle: JAGDFUX)
Vergrößerung Abhängigkeit von der Tagesoptik-Einstellung
Röhre GEN 2S, Photonis selected, Photonis Premium
Lichtverstärkung ca. 40.000- fach (Röhrenabhängig, siehe Preise)
Auflösung bis 70 Lp (Röhrenabhängig, siehe Preise)
Batterien 1x 3 Volt Litium CR 123
Betriebsdauer ca. 60 Stunden
Reichweite > 650 m
Erkennungsweite > 350 m
IR-Laser 900/850 nm IR-Laser 100 mW
Abmessung 21cm x 7cm x 8cm (Länge x Breite x Höhe)
Gewicht ca. 750 g
Arbeitstemperatur – 30 °C bis + 50 °C
Schlusswort
Die Angst vor einer ausufernden Nachtjagd kann ich abschließend den Zweiflern hier nicht nehmen. Die Gesellschaft und damit auch die Jagd ist einem stetigen Wandel unterzogen. Es gilt die Herausforderungen anzunehmen. Wir sind Jäger und betreiben ein uraltes Handwerk, wofür wir auch das geeignete Werkzeug benutzen sollten. Letztlich bringen die besten Werkzeuge aber nichts, wenn es dem Jagenden an der Passion, dem jagdlichem Geschick und dem notwendigen Jagdglück fehlt.
Die Jagdromantik, die Leidenschaft und die Ehrfurcht vor der Kreatur darf dabei jedoch nicht auf der Strecke bleiben. Alle Meinungen werden aber doch eines gemeinsam haben; den Wille sauber zu jagen...ohne Nachsuche und mit der richtigen Auswahl.
Gruß und Waidmannsheil
Euer Dreispross