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Moin,
ich möchte euch an dieser Stelle meine Alltagslaborierung vorstellen. Es handelt sich um das Hunter Tactical (HT) Geschoss der Slowenischen Firma LOS.
Meine Anforderungen an ein jagdliches Geschoss
Kurz zu meinen Anforderungen an ein alltagstaugliches Jagdgeschoss:
• bleifrei
• gute Schockwirkung
• sicherer Ausschuss
• mindestens mäßige Pirschzeichen
• hohe Präzision
• geringe Laufverschmutzung
• kostengünstig.
Einigen wird sicherlich auffallen, dass „geringe Wildbretentwertung“ nicht in meinem Portfolio zu finden ist. Mir ist dies nicht so wichtig. Jagd erfüllt in meiner Betrachtungsweise in erster Linie eine dienende Funktion den Flächennutzern gegenüber. Also in erster Linie der Forst- und Landwirtschaft gegenüber. Dabei anfallendes Wildbret wird optimal versorgt und genutzt, ist jedoch nicht der Hauptnutzen. Aus diesen Gründen ist mir eine höhere Tötungswirkung deutlich wichtiger als 100gramm mehr oder weniger an Wildbret.
Das LOS Hunter Tactical in Detail
Bei dem oben angesprochenen Geschoss handelt es sich um einen Teilzerleger aus Messing. Das Geschoss weist eine offenliegende Hohlspitze sowie Führbänder auf. Das Geschossheck ist aerodynamisch sowie verladefreundlich als Boattail ausgeführt.
Ich schieße dieses Geschoss nun seit 2,5 Jahren im Kaliber .308 Winchester aus einer Repetierbüchse mit einen 10“ Drall. Die Präzision ist in Ordnung. Auf 100m lassen sich immer umschlossene Gruppen unter 20mm erreichen. Auf 300m liegen diese meist zwischen 45-70mm. Auf 500m war es möglich eine Schussgruppe von 120mm zu erzielen. Auf weitere Distanzen konnte ich diese Laborierung leider noch nicht testen.
Die Jagd mit dem LOS Teilzerlegergeschoss
In den vergangenen 30 Monaten konnte ich insgesamt 368 Stück Schalenwild mit dieser Laborierung erlegen. Dabei stellen Rehwild und Schwarzwild mit jeweils ca.40% den Hauptanteil. Rot-, Dam- und Muffelwild verteilen sich auf den bescheidenen Rest. Vereinzelt wurde Raubwild erlegt, allerdings mit etwas unter 100 Stück keine repräsentative Menge. Deshalb werde ich folgenden nur die Wirkung auf Schalenwild beschreiben.
Je nach Geschossgeschwindigkeit (bedingt durch unterschiedliche Schussdistanzen) zerlegt sich das Geschoss zu 30-50%. Auch auf weite Distanzen (300+ Meter) war eine ausreichende Zerlegung immer gegeben. Der sich zerlegende Geschossteil bildet 4-7 schrapnellartige Geschosssplitter unterschiedlicher Größe. Der Restbolzen weist keinerlei Deformation auf. Die Splitter finden sich in der Regel ausschussseitig unter der Decke bzw. in der Muskelmasse des ausschussseitigen Blatts. Bei schwachem Wild wie Rehwild verlassen diese regelmäßig den Wildkörper. Durch die Splitterwirkung finden sich immer mehrere Schusskanäle in der Lunge. Den größten Vorteil sehe ich jedoch in der Leistungsreserve bei schlechten Schüssen. Ein oder mehrere Splitter erreichen die Kammer meist doch noch. Natürlich hat dies auch Nachteile. Bei Schüssen weit hinters Blatt in der Nähe des Zwerchfelles passiert es hin und wieder, dass der Pansen geöffnet wird.
Die Wildbretentwertung ist eher in oberen Bereich angesiedelt. Bei Schüssen aufs Blatt müssen meist beide Blätter entsorgt werden. Allerdings ist dies auch bei vielen anderen Geschossen der Fall.
Bei 386 erlegten Stücken fehlte der Aussschuss nur bei 4 Stücken, dies entspricht 1,08% ohne Ausschuss. Ein für mich vollkommen ausreichender Schnitt. Ansonsten ist der Hauptausschuss hervorgerufen durch den Restbolzen, meist erfreulich klein. Zusätzlich können bis zu 7 kleine Ausschüsse der Splitter vorhanden sein. Die maximal festgestellte Abweichung der Splitterausschüsse vom Ausschuss des Restbolzens lag bei 11cm. Bei starken Stücken fällt dies aufgrund der höheren Entfaltungstiefe natürlich stärker aus.
An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass aufgrund der Splitterabgabe sich dieses Geschoss NICHT für den Fangschuss vorm Hund geeignet. Auf der Nachsuche verwende ich aufgrund der unberechenbaren Splitterwirkung ein massestabiles Deformationsgeschoss.
Die Pirschzeichen sind meist ausreichend vorhanden. Bei Rehwild und schwächeren Stücken wie Kälbern oder Überläufern finden sich meist kleine Lungenstückchen, Wildbretfetzen und ausreichend Schweiß. Bei starken Stücken (>60kg aufgebrochen) nimmt die auffindbare Menge an Pirschzeichen rapide ab. Dies stört mich nicht gravierend, da ich in der glücklichen Lage bin, permanent einen firmen Hund zu führen.
Bedingt durch die hohe Energieabgabe bei der Splitterabgabe resultiert eine hohe Augenblickwirkung. Bei schwächerem Rehwild (>10kg) ohne Knochentreffer wurden die längsten Fluchten festgestellt. Vermutlich bietet der kleine, weiche Wildkörper keinen ausreichenden Zielwiederstand. Bei stärkerem Wild empfand ich die Wirkung immer als sehr gut, entsprechende Treffer vorausgesetzt. In der nachfolgenden Tabelle sind die Durchschnittlichen Fluchtstrecken nach Wildart aufgegliedert. Die roten Werte basieren auf einer zu geringen Abschussanzahl, als dass ich diese als repräsentativ betrachten würde.
Insgesamt bin ich mit der Fluchtdistanz extrem zufrieden. Auch in sehr dichten und verjüngungsreichen Behandlungseinheiten oder ehemaligen Sturmflächen sind die Stücke eigentlich immer rasch aufzufinden.
Die Laufreinigung
Ebenfalls wichtig ist, dass sich meine Reinigungsintervalle für die gründliche Laufreinigung sehr verringert haben. Dies führe ich auf das relativ harte Material sowie die Führbandtechnologie zurück. Nach der Jagd ziehe ich manchmal die Putzschnur durch, oft vergesse ich es allerdings auch. Ein bis zweimal im Jahr reinige ich chemisch den Lauf. Bei keinem anderen Geschoss, sei es aus Kupfer oder mit Tombakmantel, sah mein Lauf so blank aus wie mit dem LOS HT.
Fazit
Das Geschoss wird nicht in Fabrikmunition verladen und bleibt somit leider nur dem jagenden Wiederlader vorbehalten. 100 Stück kosten ca.35€ und sind bei den gängigen Geschosshändlern zu beziehen.
Abschließend kann ich sagen, dass ich zumindest in dem Kaliber .308 Winchester den gelungenen Kompromiss für meine jagdliche Situation gefunden habe. Ich kann das LOS HT nur wärmstens empfehlen.
Waidmannsheil,
naturnah