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Der Meindl Fliegerstiefel ist wohl einer, für mich, der Klassiker der Winterstiefel auf der Jagd. Schon als Kind fand ich derartiges Schuhwerk ausgesprochen begehrenswert. Nachdem die Füße ihren Zenit in puncto Wachstum erreicht hatten, habe ich mir vor vielen Jahren ein Paar Meindl Fliegerstiefel mit echtem Lammfell gegönnt und trage eben dieses erste Paar noch heute.
Im Grunde handelt es sich bei den Stiefeln um zwiegenähte, hohe Lederstiefel (hydrophobiertes Rindsleder im unteren, weicheres velour Leder im oberen Bereich) mit echtem Lammfell-Futter und durchgehendem Reißverschluss sowie eines Fersen-Riemens und einem verstellbaren Wadenabschluss. Die Sohle ist eine gut griffige, ausreichend stark profilierte aus dem Hause Meindl, welche jedoch (zumindest optisch) sehr denen aus dem Hause vibram ähnelt. Der Stiefel verfügt über keine wasserdichte Membran.
Ich habe meine Eindrücke zum Stiefel in folgende Kategorien unterteilt:
1. Verarbeitung/Material und Haptik
2. Komfort, Bequemlichkeit und Tragegefühl
3. Haltbarkeit/Pflege
4. Fazit
Verarbeitung, Material und Haptik
1. Verarbeitungsqualität und Materialanmutung sprechen für sich. Der ganze Stiefel wirkt äußerst robust, durchdacht, solide verarbeitet und insgesamt sehr wertig. Optisch ist er, wie oben bereits beschrieben, ein Klassiker. Er bringt schon ein wenig Gewicht mit (Herstellerangabe um 1250g bei Größe EU43), was aber zum Gesamtpaket passend erscheint. Das robuste Leder ist eben ein Naturprodukt und in hier gebotener Stärke nicht federleicht. Die Riemenösen zur Verstellung der Passform am Gelenk und Wadenabschluss sind aus haltbarem Metall gefertigt. Der durchgehende Reißverschluss läuft gut, aber nicht filigran. Auch dieser scheint auf Haltbarkeit und Funktion ausgelegt zu sein (siehe Ergänzung weiter unten). Das verarbeitete Lammfell, welches den gesamten Stiefel mit Ausnahme der Ferse auskleidet, ist flauschig und ebenfalls recht stark dimensioniert. Im Bereich des Reißverschluss ist ein schmales Leder Revers eingenäht, damit der Reißverschluss dicht ist und sich das Fell nicht verfängt. Im laufe der Jahre „plättet“ sich das Lammfell natürlich etwas.
Zur Einordnung: Es handelt sich hier um einen gefütterten Winterstiefel, das ist nichts für die Sommerpirsch auf den Rehbock!
Komfort, Bequemlichkeit und Tragegefühl
2. Seit etwa 10 Jahren trage ich die Meindl ab Beginn der kühleren Herbsttage, vor allem aber im Winter. Zwar sind diese hierzulande meist nicht mehr bitterkalt, jedoch, wer mal mit frierenden Füßen bei noch relativ milden -2 grad auf dem Hochsitz saß, wird zu kühles Schuhwerk verfluchen. Haupteinsatzgebiet ist, wie gerade angedeutet, der Ansitz und auch kalte Drückjagdtage. Das Schuhwerk liegt recht bequem am Fuß, das starke Material schützt nicht nur vor Kälte, sondern bei unwegsamen Gelände die empfindliche Schienbein-Region vor Ästen, Dornen oder auch einmal vor eingewachsenem Stacheldraht, den man nachts nicht sieht, sondern im Zweifel eher spürt.
Die Verstellmöglichkeiten an der Ferse und der Wade ermöglichen einen weitestgehend festen Sitz am Fuß. Auch bzw. gerade für stärkere Waden. Dennoch wird aus dem Stiefel kein Bergschuh, man sollte hier in dieser Hinsicht keine Wunder erwarten. Die „Pantoffel“ sitzen ausreichend fest, auch auf kürzeren Nachsuchen ist ein Wechsel des Schuhwerks nicht erforderlich. Das höhere Gewicht fällt nach kurzer Tragezeit nicht wirklich auf. Die Wärme hingegen schon. Das Lammfell erzeugt ein angenehmes Fussklima, soll auch von Natur aus antibakterielle Eigenschaften haben. Unangenehmer Geruch bildet sich, zumindest in meinen Stiefeln, nicht.
Nach mehrmaligem tragen, passt sich das Leder an die eigene Fuß- und Wadenform an. Der Stiefel wirkt dann optisch etwas zerknautscht (siehe Bilder) was aber normal ist und jedem klar sein sollte, der Leder an den Füßen trägt.
Aufgrund der fehlenden Membran, sollte der Stiefel gut gepflegt werden (siehe auch Kapitel Haltbarkeit und Pflege). Hinsichtlich nasser Füße habe ich bis auf ganz wenige Ausnahmen bisher keine großen negativen Erfahrungen gemacht. Es geht auch schon mal durch eine triefende Suhle oder einen Ausrutscher in einen Bach und es müssen schon einige Wetter Kapriolen geboten werden, bevor der Stiefel Nässe durchlässt. Wenn das geschieht ist es aber auch wirklich nicht witzig. Es dauert nämlich ewig, bis die Schuhe wieder getrocknet sind. Der Hersteller gibt an, dass diese Stiefel für Temperaturen bis zu -30 Grad c. geeignet seien. Diese Einschätzung teile ich nicht uneingeschränkt. Für mein persönliches Empfinden reichen -10 auch völlig aus, gerade beim stillen sitzen oder auf dem verschneiten DJ- stand kriecht dann irgendwann die Kälte durch. Die Komfortzone geht jedoch deutlich weiter in die minusgrade als es z.B. ein Trekkingstiefel erlaubt. In den ersten Jahren fiel mir negativ auf, dass ich mir an dem in der Ferse eingenähten Lederfutter häufiger Blasen gelaufen habe und der Stiefel überdies dazu neigte, mir die Socken auszuziehen. Nachdem das Leder- Futter in der Innenseite der Ferse zu reißen begann (7-8 Jahre) habe ich einem Schuster das Problem geschildert und mir für ganz keines Geld neues Fersenmaterial einkleben lassen. Seitdem ist alles super und auch lange Spaziergänge bleiben ohne schmerzende Erinnerungen.
Haltbarkeit und Pflege
3. Da der Stiefel über KEINE wasserdichte Membran verfügt, ist es wichtig, dass das Leder regelmäßig gepflegt wird und so seine „Sättigung“ und Elastizität behält und bestmöglich gegen Feuchtigkeit geschützt ist. Ich nutze hier persönlich etwas mehr Fett und Creme, als ich es z.B. bei den Schuhen mit Membran machen würde. Also in etwa nach dem Motto: viel hilft viel! Insbesondere die stark beanspruchten Stellen (Stichwort mechanische Reibung, Knickstellen…) werden besonders bedacht und auch schon mal ordentlich mariniert. Dann stelle ich die Stiefel auch gerne mit vernünftigem Abstand vor den Kamin und lasse das Fett gut einziehen. Derart „eingewichst“ perlt Regen und frühmorgendlicher tau einfach ab und das Innere der Stiefel bleibt angenehm trocken und warm. Vor kurzem sind jedoch beide Reißverschlüsse in kurzer zeitlicher Abfolge kaputt gegange und am linken Schuh hat sich die (Zwie-)Naht der Sohle auf etwa 4cm gelöst - nicht schön, aber das sind halt am Ende des Tages Verschleissteile über die Gebrauchszeit. Die Reparatur war aber unkompliziert durch den Schuster zu erledigen. Ich würde sagen, dass die Stiefel so sicher nochmal 10 Jahre halten werden, vielleicht dann irgendwann mal neu besohlt werden müssen aber insgesamt hält sich der Verschleiß (mit bisher einem Vorfall, s.o.) voll in Grenzen.
Fazit
4. Ich kann die Fliegerstiefel von Meindl wärmstens empfehlen, mir gefällt neben der Funktion auch die rustikale, klassische Optik und die Wertigkeit, die man spürt. Kleine Abzüge für das im Original (für mich) nicht ideale Innenfutter im Fersenbereich. Die fehlende Membran ist für mich kein Problem, im Gegenteil, das Fuß-Klima ist stets angenehm (die Gore Tex version heißt bei Meindl Kiruna, für diejenigen die gerne eine solche hätten) und mit ausreichender Pflege, gibts auch eigentlich kein böses Erwachen. Der Preis liegt realistisch bei €270-390 je nach Anbieter und verfügbarer Größe. Das ist zwar nicht billig aber in Anbetracht der Haltbarkeit und des Gebrauchswertes in Ordnung. Stilles Sitzen bis untere, einstellige Minusgrade gut möglich. Bei Bewegung deutlich weiter in den Minusbereich….