Büchsen für relativ wenig Geld bekommt man derzeit überall angeboten, die meisten kommen aus Amerika. Diese Büchsen sind als reine Gebrauchsgegenstände zu sehen und ohne viel Schnickschnack ausgestattet - auch bei uns gelangen solche Büchsen immer mehr in den Fokus. Die Haenel Jäger 10. ist ein solches Arbeitstier und noch dazu „Made in Germany“.
Ganz nach dem Motto, es muss nicht immer eine der „großen Drei“ sein, geschweige denn, dass jedes Portemonnaie die Anschaffung einer solchen zulässt, war ich zunächst sehr gespannt, was die Büchse für unter 1000 Euro von Hanel aus Suhl an Ausstattung mitbringt und vor allem wie sie sich im jagdlichen Alltag schlagen würde. Ein leichte Waffe, die für das Pirschen auf Rehwild und Damwild genutzt werden sollte.
Erste Eindruck
Das Erste was beim Auspacken der Büchse von Haenel ins Auge fällt, ist die schlanke Form von Lauf und Schaft, welcher in diesem Fall in einem Camoflagemuster gehalten ist. Der Vorderschaft besitzt nicht die sonst gewohnt runde Form, sondern tendiert eher zu einer leicht dreieckigen Form, der trotz der schlanken Maße angenehm und fest in der Hand liegt. Der Schaftrücken ist gerade geformt und mit einer Gummischaftkappe versehen. Wer an dem Schaft Verzierungen oder sonstige Verschönerungen sucht, tut dies an der Jäger 10 vergeblich. Es handelt sich hier in der Tat um ein reines Werkzeug.
Die Fakten
Der Lauf im Kaliber .308 Win ist 56 cm lang und standardmäßig in dieser Ausführung 17 mm dick. Er verjüngt sich nach dem Patronenlager relativ schnell, welches den schlanken Eindruck der gesamten Waffe zusätzlich erhöht. Die Kammer verriegelt mit sechs Warzen zuverlässig das System.
Der Verschluss ist aus einem durchgängigen Stück mit einheitlichem Außendurchmesser gebaut und lässt sich so ohne zu verkannten sehr gut und vor allem schnell Repetieren. Der 60-Grad-Öffnungswinkel, wodurch die Haenel Jäger 10 wieder gespannt wird, trägt zum schnellen und flüssigen Repetieren ihren Teil bei. Der Kammerstengel ist leicht nach hinten abgeknickt und befindet sich mit seinem Ende nahezu auf der Höhe des Abzugszüngel. Auf der linken Seite des Systems befindet sich eine Druckknopftaste, durch welche die Kammer nach hinten freigegeben wird und zum Reinigen herausgenommen werden kann.
Der Abzug ist eine Kombination aus Direktabzug und französischem Stecher. Uneingestochen steht der Abzug sehr trocken und überzeugt von seiner Charakteristik. Jedoch ist er mit seinen 1200 Gramm etwas zu schwer für meinen Geschmack. Mit etwas Geschick lässt er sich jedoch einstellen.
Der Züngel lässt sich problemlos durch ein „nach vorne drücken“ Einstechen, kriecht aber ein wenig und bricht dann sehr schnell (400 Gramm). Sollte eine Schussgelegenheit eingestochenerweise Verstreichen, entsticht sich die Waffe beim Öffnen der Kammer von alleine. Was der Haenel Jäger 10 in puncto Sicherheit einen eindeutigen Pluspunkt verleiht. Da sich meine Sympathie für Stecher jeglicher Art in Grenzen hält, benutze ich diesen nicht.
Die Sicherung ist als eine auf der rechten Seite angebrachte
Schiebesicherung gut erreichbar und lässt sich fast geräuschlos bedienen. Ein
minimales Klackgeräusch ist aber dennoch hörbar. Dieses Geräusch stammt von
einem unter der Sicherung liegendem Hebel, der es einem durch Drücken erlaubt,
die Waffe auch im gesicherten Zustand zu öffnen. Diese Eigenschaft empfinde ich
immer als sehr nützlich. Wird die Sicherung nach vorne gedrückt, ist die Waffe
entsichert. Ein länglicher Stift zeigt durch minimales Heraustreten aus dem
Schlösschen den gespannten Zustand der Waffe an.
Der Abzugsbügel sowie der Magazinboden sind bei der Jäger 10 ebenso wie die offene Visierung, aus Kunststoff gehalten. Das Magazin ist sonst aus Stahlblech und besitzt eine Kapazität von drei Patronen. So ist man mit vier Patronen (3+1) für den Ansitz absolut ausreichend ausgestattet; für die Drückjagd wären fünf oder sechs Schuss aber durchaus wünschenswert.
Die offene Visierung besteht aus einer Kimme, welche mit zwei weißen Punkten ausgestattet ist und einem leuchtend roten Korn. Das Korn ist schräg auf dem Kornsattel montiert und eignet sich mit einiger Übung sehr gut zum flüchtig schießen auf kurze Entfernungen. Als Montagebasis wurde auf dieser Waffe eine Picatinny-Schiene verbaut, da sich hier eine Vielzahl kostengünstiger Oberteile finden lässt.
Ich führte die Haenel Jäger 10 meistens mit einem
Drückjagdglas von Leupold (VX6 1-6x24) und nutzte nur für größere Entfernungen
im Feld ein V8 von Zeiss (1,8-14x50).
In der Praxis
Nach dem Auspacken ging es raus auf den Schießstand. Gleich die erste Laborierung (GMX 150 Grain) passte mit 29 mm ziemlich gut. Je schwerer die Geschosse gewählt wurden, desto mehr öffnete sich hier der Streukreis bis auf 52 mm. Für mich war ein Streukreis mit dem GMX von 29 mm sehr zufriedenstellend und so wurde dieses Geschoss, auch aufgrund guter Erfahrungen in der Vergangenheit, mit dieser Waffe eingesetzt. Nach einigem Training auf der Schießbahn hatte ich mich an den Abzug der Haenel Jäger 10 gewöhnt und die Ergebnisse wurden mit jedem Schuss besser. Ein so genanntes „Trigger-Training“ ist gerade bei neu erworbenen Waffen unumgänglich und da es auch ohne Munition durchgeführt werden kann, für jeden zu empfehlen.
Um es auf den Punkt zu bringen Auch in der Praxis tat die Waffe das, was sie tun sollte - sie funktionierte. Das Repetieren geht flüssig und wirklich schnell von der Hand. So war es mir möglich, einige schnelle Rehwilddoubletten ohne Probleme mit dieser Waffe zu strecken. Der Schaft liegt gut und die Waffe als solches ausgewogen in der Hand. Auch das Rückstoßverhalten der Waffe in dem Kaliber .308 ist sehr moderat.
Die Patronen wurden stets ohne zu verklemmen zugeführt und auch die
Schussleistung ließ, wie oben beschrieben, nicht zu wünschen übrig. Das leise
Klackgeräusch beim Vorschieben der Sicherung ist etwas störend und lässt sich
leider auch nicht unterbinden. Auch gilt es nach dem Einsetzen des Magazins auf
das richtige Einrasten zu achten, da es sonst im schlimmsten Fall verloren
geht. Führt man sich jetzt wieder vor Augen, dass es sich hier um eine Waffe
unterhalb der 1000 € Marke handelt, bin ich damit sehr zufrieden.
Natürlich hat die Haenel Jäger 10 keine Handspannung und auch ist für meinen Geschmack etwas zu viel Kunststoff verbaut, allerdings muss der Preis auch irgendwo herkommen. Den Schaft im Camoflageoptik habe ich mit Absicht gewählt, da die Waffe vor allem für die Pirsch zum Einsatz kommt. Ob ich nun mehr Beute mit diesem Schaft mache, wage ich zu bezweifeln, denke aber dennoch, dass es in keinem Falle schaden kann und zu dem auch gut aussieht. Natürlich ist die Waffe auch noch in anderen Schaftfarben erhältlich. Des Weiteren wird die Haenel in einer großen Kaliberpalette und auch mit einem 19 mm Semiwightlaufangeboten. Die Funktion, den Lauf wechseln zu können, gibt es in diesem Preissegment verständlicherweise nicht.
Fazit
Abschließend
ist zu sagen, dass sich die Haenel für Jungjäger oder einen schlanken Geldbeutel
als optimal herausgestellt hat. Auch für den Jäger, der neben seiner teuren
Büchse ein echtes robustes „Arbeitstier“ sucht, ist die Haenel Jäger 10. eine
gute Wahl.